Patrick Leagas (SIX COMM) ist eine sehr widersprüchliche Erscheinung, welche fasziniert, aber auch viele Rätsel aufgibt. Zum Beispiel ist seine Flucht von DEATH IN JUNE zum Höhepunkt ihres damaligen Erfolges („Nada“) bis heute mehr als mysteriös und alle kursierenden Erklärungen dazu eigentlich unlogisch. Angeblich gab eine wütende Frau nach einem Konzert in Bologna 1985 den Ausschlag, die ihn wegen seiner Waffen-SS-Uniform beschimpfte. Kurioserweise war es aber gerade er, der dieses Image von DEATH IN JUNE kreiert hatte und jetzt 30 Jahre später scheint er mit seiner Uniform-Maskerade sogar Douglas P. gerade rechts (sic) zu überholen. Auf jeden Fall war seine musikalische Karriere nach dem Ausstieg bei DEATH IN JUNE mit den Projekten SIX COMM (auch SIXTH COMM) und MOTHER DESTRUCTION mehr als holprig verlaufen, privat ganz zu schweigen. Neben einigen inzwischen als Klassiker zu bezeichnenden Veröffentlichungen, gab es lange Pausen, Label- und Vertriebs-Pleiten und ganz viel verzichtbares Archiv-Material. 2010 plötzlich ein neues Projekt namens SCHRÄGE MUSIK und als Debüt eine Split-Single mit ANTICHILDLEAGUE und dann… mal wieder nichts. Erst vier Jahre später erschien das lange angekündigte Debüt-Album, was aber auf Grund seiner Intensität und Qualität die lange Wartezeit verschmerzen lässt. Einmal mehr gibt Patrick Leagas auf den 11 Tracks von „Fleischmaschine“ den manisch Getriebenen, der sich regelrecht in die Wirren des Zweiten Weltkrieges zu stürzen scheint. So ist der Projekt-Name SCHRÄGE MUSIK zum Beispiel die Bezeichnung für eine spezielle Bordbewaffnung deutscher Nachtjäger, mit der man die alliierten Bomber-Verbände durch Unterfliegen dieser angegriffen hat. Auch die einzelnen Titel-Bezeichnungen des Albums, wie zum Beispiel „Europa Gefallen“, „Cassino Lost“ oder „Gran Sasso Affair“ stellen für geschichtlich Wissende sofort einen Kontext her, dem die musikalische Umsetzung in nichts nachsteht. Deutlich martialischer als SIX COMM bzw. basierend auf Drums, verfremdeten Blasinstrumenten, Klassik-Loops, fiebrigen Atmosphären und bisher unverbrauchten Sprachsamples gibt uns SCHRÄGE MUSIK einen furchterregenden Eindruck von der Hölle des Krieges, welcher damals die Welt verändert hat. Insbesondere die Tracks mit den intensiv-klagenden Vocals von Patrick Leagas schlagen einen in ihren Bann und ziehen uns förmlich in den Alptraum der Schlachtfelder hinein. Unvermeidlich dabei allerdings wieder mal der Rückgriff auf altes Material und so kommen auf „Fleischmaschine“ mit „Asylum“ und „State Laughter“ zwei Klassiker seiner Diskografie in sogenannten 39-45-Versionen zu neuen Ehren. Letztendlich ist das Album mitnichten eine Verherrlichung des Krieges, wie diese gern von vielen der sogenannten Martial Industrial-Projekten betrieben wird, sondern eine fundierte Beschäftigung und Wertung jenes. „Fleischmaschine“ ist somit eine schmerzhafte wie wertvolle Angelegenheit geworden, die in diesem Jahr noch ihre Fortsetzung finden soll. Wer die CD direkt bei Patrick Leagas bestellt hat, bekam zusätzlich einen Metal-Pin und ein schickes gesticktes Ärmel-Schild dazu. Allerdings ist diese Version inzwischen ausverkauft und man sollte sich eventuell beeilen, überhaupt noch eine CD im Digipack zu bekommen! PS: Übrigens nicht auszudenken, würden Patrick Leagas und Douglas P. wieder ihre beider Talente zusammen in die Waagschale werfen… (Marco Fiebag)
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