Was verbirgt sich wohl hinter dem Künstlernamen „Matzumi“ – diese Frage stellt ich mir, als ich die Promo CD der Künstlerin in den Händen hielt. Nun, nach mehrmaligen begeisterten durchhören der Platte ist die Protagonistin Kathrin Manz für mich inzwischen so eine Art esoterisch, angehauchte „Dead Can Dance“ – Ihr Künstlername lautet auch “ Hohepriesterin des Synthesizers “ – den es werden synthetische Klänge in Mystisch, sphärischen Soundgewand produziert und kompositorisch, gleichberechtigt mit ihrer Stimme verfeinert. Doch lassen wir Matzumi einmal selbst zu Wort kommen, hier Ihre spannenden Antworten auf meine Fragen.
? Hallo Kathrin, Deine unverwechselbare Art der elektronischen Musikerzeugung hatte ich bisher so gar nicht auf dem Schirm, also Du siehst wir müssen was tun – kleiner Scherz zum Einstieg. An der Umsetzung Deiner wundervollen Klangwelt mit emotionalen Gesang und Deinen New Age Sounds merkt man: Du lebst einfach für Musik und Dein Projekt – ganz einfach gefragt: Wie kam es dazu?
Hallo Sven, erstmal vielen Dank für Dein Interesse an meinem Schaffen. Das ist wahr, ich lebe für meine Musik, weil es für mich einfach auch der beste Weg ist etwas auszudrücken, wofür ich keine Worte finde oder wo Worte nicht genug sind, um zu beschreiben was in mir vorgeht. Das war schon immer so, solange ich zurückdenken kann, war dies immer mein bevorzugter Weg, mich auf eine ganz persönliche Weise auszudrücken. Ich verarbeite damit Erlebnisse und Eindrücke aus meinem Leben, weshalb ich meine Musik auch als vertontes Tagebuch meines Lebens bezeichne. Musik zu machen war schon immer Teil meines Lebens, ich musste mich also nicht erst dazu entscheiden, es kam wie selbstverständlich. Schon früh spielte ich meine eigenen Melodien und das war auch seit jeher mein Anspruch: musikalisch etwas Eigenes zu schaffen. Musik zu covern oder einfach für beispielsweise Familienfeste nachzuspielen widerstrebte mir völlig – bis heute.
? Hast Du Dir alles selber beigebracht was Deinen Klangkosmos betrifft – oder hast Du dafür eine musikalische Ausbildung genossen?
Ich bin Autodidakt. Das, was ich mache, habe ich nie erlernt, weswegen ich bis heute nicht wirklich Noten lesen oder meine Musik mit Hilfe von Noten zu Papier bringen kann. Die Musikalität war mir in die Wiege gelegt. Es gab eine Zeit, in der ich für ganz kurze Zeit in der Musikschule war, ich wollte Noten lernen, doch musste ich es dann doch abbrechen, weil es mir Job bedingt nicht mehr möglich war. Das war irgendwann in den 90ern. Ich machte also als Autodidakt weiter und entwickelte mich – bis heute. Durch zahlreiche Gemeinschaftsprojekte in der Vergangenheit lernte ich auch noch dazu. Für mich wertvolle Erfahrungen, die ich nicht mehr missen möchte.
? Welche musikalischen Einflüsse und Inspirationen sind es, die Dich immer wieder zum Musikmachen motivieren und inspirieren, ich meine einen stilvollen Mix aus z.B. Loreena McKennitt / Enya und Vangelis/ Kitaro herauszuhören?
Eine Frage, die ich schon oft beantwortet habe und die Antwort lautet immer gleich: mein Einfluss ist mein eigenes Leben. An anderen Künstlern habe ich mich nie orientiert oder etwa nach Trends. Seit jeher habe ich immer mein eigenes „Ding“ gemacht. Kitaro und Loreena McKennitt kannte ich bis vor wenigen Jahren nicht einmal, geschweige denn ihre Musik. Nur Vangelis und Enya sind mir seit der Wende (ich stamme gebürtig aus der ehemaligen DDR) bekannt und ich verehre bis heute ihre Musik. Musik kann man nicht neu erfinden, daher sind Ähnlichkeiten bei Melodien, Akkorden, Songstrukturen nie auszuschließen. Meine Sounds wähle ich rein intuitiv. Ich muss nie darüber nachdenken: was passt in die jeweilige Stimmung? Welches Instrument drückt am besten aus, was ich aussagen will? Welchen Charakter soll der Song hinterher haben, die Melodie, die Akkorde und für was stehen sie? Es passiert einfach, der Synthesizer wird zum Medium und ich erzähle über ihn der Welt wer ich bin, was mich ausmacht und bewegt. Letztlich entsteht jeder Song wie von selbst, wie eine Geschichte, die man erlebt hat und erzählt – nur erzähle ich diese Geschichten nicht mit Worten, sondern in Klängen, weshalb ich bislang auch kaum Textgesang in meiner Musik brauchte. Seit Kurzem arbeite ich gern mit Pseudosprache. Ich kann nicht erklären warum, vielleicht nur ein weiterer Entwicklungsschritt.
? Hat sich dabei über die Jahre Deine individuelle Musikausrichtung und elektronischen Sounds weiter entwickelt, teils eventuell sicherlich der neuen Technik geschuldet und könntest Du auch „Unplugged“ auftreten?
Ja, natürlich. Meine musikalische Entwicklung war nicht zuletzt auch den immer teureren Instrumenten zu verdanken, die ich mir im Laufe der Jahre angeschafft hatte und welche mir immer mehr Möglichkeiten boten, meine Ideen umzusetzen. Ich war erst um 2003 herum vom Keyboard auf den Synthesizer umgestiegen und musste feststellen, wie sehr mich das Keyboard eingeschränkt hatte und wie nahezu unendlich die Möglichkeiten bei einem Synthesizer, besser gesagt einer Workstation, sind. Schmunzel, aber es dürfte wohl eher schwierig sein, wenn man ausschließlich elektronische Musik macht und elektronische Instrumente wie Synthesizer spielt, unplugged aufzutreten. Ich könnte dann allenfalls meine Stimme zum Besten geben.
? Die gelungenen Cover Artworks Deiner Veröffentlichungen passen meiner Meinung nach immer sehr gut zu Deiner Musikausrichtung und zu den Themen der Veröffentlichungen, wie aktuell bei „Symphony of Silence and Humility“ – wer ist dafür der kreative Kopf?
Nun, die Umsetzung der Covergestaltung überlasse ich den Könnern, die Ideen dazu stammen aber von mir, denn ich habe immer ein ungefähres Bild im Kopf, wie es aussehen soll. Bei den ersten Veröffentlichungen wie etwa „Cryin` Soul“, „Sometimes“ und „Ad Infinitum“ hatte ich anfangs gar keine oder nur vage Ideen. Bei der „Ad Infinitum“ z.B. wollte ich den Eindruck von Unendlichkeit vermitteln, wusste aber nicht, wie das aussehen könnte, doch da hatte mein damaliger Labelchef diesen tollen Entwurf gezaubert, der mich sofort begeisterte. Bei der „In Mutatio Tempora“ sah es dann schon anders aus. Da das Covermotiv immer auch die Botschaft und den Titel des jeweiligen Albums widerspiegeln sollte, sollte es ursprünglich anders aussehen, als es letztlich tut. Die Idee war, einen sich gabelnden Weg abzubilden, an dem Ende des einen Weges eine geschlossene und an dem Ende des anderen Weges eine offene Tür. Im Vordergrund steht eine Person an der Gabelung des Weges und schaut auf diese beiden Türen. Es ließ sich leider nicht umsetzen und so war das jetzige Cover die beste Alternative. Nicht nur die Songtitel, nein auch die Cover der Alben sind meist als Metaphern zu verstehen und stehen sinnbildlich für die Botschaft, die die Musik des jeweiligen Albums vermitteln soll. Bei der „Symphony“ war es nun so, dass ich die Vorstellung hatte, eine primitive zarte kleine Pflanze auf staubtrockenem Grund zu zeigen – auf zerknülltem, vergilbtem Papier. Da die „Symphony“ meine Hommage an das Leben ist, sollte diese kleine Pflanze, die sich gegen alle Widrigkeiten durchsetzt, die Kraft des Lebens vermitteln. Warum musste es eine primitive Pflanze sein, eine aus einer frühen Entwicklungsstufe? Weil sie den Beginn symbolisiert! Denn Pflanzen eroberten als Erste das Land und schufen die Bedingungen für andere Lebewesen, das Wasser für immer zu verlassen und sich an Land auszubreiten. Umgesetzt wurde diese Cover-Idee geradezu meisterhaft von dem Künstler Gerald Wirtz, der daraus eine ganze Landschaft urtümlicher Pflanzen in vorzeitlicher Szenerie mit Pinsel und Farbe erschuf. Damit toppte er sogar noch die ursprüngliche Idee. Dennoch erscheint die Ausgangs-Idee des Plattencovers auf der CD selbst. An dieser Stelle nochmals tausend Dank an Dich, lieber Gerald :-) Du siehst, da kommt nicht irgendwas in Frage, was vielleicht schick aussieht, es muss immer eine Botschaft beinhalten, die sich in der Musik und im Albumtitel wiederfindet.
? Erkläre den Lesern doch bitte einmal das Konzept des neuen Albums „Symphony of Silence and Humility“ – diese CD hattest Du mir gesendet – wieviel Arbeitszeit wurde jeweils für das großartige Album investiert und wie läuft der Entstehungsprozess, incl. Studioarbeit bei Dir ab?
Den wichtigsten Part habe ich eben schon kurz in der vorangegangenen Frage angesprochen. Sie ist meine Hommage an das Leben, an die Entstehung des Lebens auf unserer Erde. Es wird die Geschichte vom Ursprung bis in die Gegenwart erzählt. Am besten gibt der Prolog-Text wieder, was die Musik erzählt – die eigene Demut vor dem Leben und der Schöpfung, die so manch ein Mensch verloren zu haben scheint. Das Leben ist wertvoll und nicht selbstverständlich – es trägt die Narben so vieler Massensterben. Die „Symphony“ spiegelt das Drama des Lebens wieder, den Ursprung, das Wunder, das Spiel von Leben und Tod, von Niedergang und Neubeginn – und ist doch auch Hoffnung auf das Kommende, wie immer es aussehen möge. Meine seit der Kindheit bestehende Faszination für Urgeschichte kommt hierin zum Tragen. Dieses Album war sprichwörtlich ein Wahnsinns-Projekt, das 2 Jahre intensiver Arbeit in Anspruch nahm. Ich wollte mit ihr etwas Großes schaffen, was mir in der Umsetzung auch so manchen Nervenzusammenbruch bescherte. Die Übergänge zu den einzelnen Stücken waren eine enorme Herausforderung, denn es sollte am Ende wie Eines klingen, wie ein großes Ganzes, wie ein ganzer großer Song und die Übergänge von Song zu Song sollten nicht hörbar sein. Das war komplizierter, als die einzelnen Songs selbst zu schaffen. Doch am Ende war ich zufrieden mit dem Ergebnis und all die Mühe, die Nervenzusammenbrüche, haben sich gelohnt und kann nur meinen Hörern, Musikkritikern und lieben Fans für die zahlreichen überschwänglichen Lobeshymnen danken, die ich für dieses Werk bekommen habe. Das Projekt wurde mit dem Song „Calm down my heart“ eingeläutet und ist seitdem auch nach dem Prolog der erste Titel, der Einstiegssong geblieben. Ich ging für mich mit diesem Album neue Wege und voller Stolz muss ich auch hier die musikalischen Beiträge der 3 Gastmusiker Hellmut, Sean und Frank Steffen erwähnen, die dem Ganzen noch das Tüpfelchen auf dem i gaben mit ihrem Können. Sie kamen einer nach dem anderen im Laufe der Produktion an diesem Album hinzu und fügten sich wunderbar in meine Klangwelten ein. Jedes Albumprojekt beginnt mit dem eher spielerischen Geklimper auf dem Synthie, daraus formt sich langsam eine Melodie und aus dieser winzigen Melodie entsteht dann der ganze Song oder aber ich nehme Acapella meinen Gesang auf und daraus entsteht dann der Song. So war es beispielsweise in „Calm down my heart“. Wenn ich mit den Aufnahmen beginne, nehme ich meist zuerst eine Drumspur auf und lasse sie durchspielen, wenn ich nicht gerade mit Acapella-Aufnahmen beginne. Sie dient mir später als Leitspur und Taktvorgabe. Ich nutze nicht gern das Metronom. Dessen unnatürlicher Klang irritiert mich zu sehr, als das ich mich danach orientieren könnte. Diese Drumspur wird entweder später gelöscht, nachdem andere taktgebende Elemente wie Sequenzer eingeflossen sind oder bleibt bestehen und wird dann lediglich zurechtgeschnitten und mit Fadern versehen. Doch nach der Drumspur als Taktvorgabe folgt zuerst die Melodie, die ich zuvor immer und immer wieder auf dem Synthie spielte, bis sie mir als reif erscheint, aufgenommen zu werden. In der dritten Spur wird diese Melodie noch untermalt – mal mit Streichern, mal mit Chören, je nachdem. Damit wäre die Basis geschaffen für alles Kommende. Wie zuvor erwähnt, muss ich nicht lange nach passenden Sounds suchen. Ich durchstöbere die Klangarchive meiner Synthies, weiß aber im Vorfeld schon, wie es klingen soll. Der Song beginnt nach und nach wie von selbst zu entstehen. Was genau geschieht, wenn ich am Komponieren bin, kann ich nicht erklären. Nur Eines: ich versinke völlig in meiner Welt, in meine Emotionen und Gedanken, werde eins mit meinen Synthies und bringe sie zum sprechen – das ist meine Philosophie, denn für mich sind sie vielmehr, als nur schlichte Klangerzeuger. Noch vor der „Symphony“ entstand jeder Song sprichwörtlich über Nacht. Ich saß pro Song eine Nacht lang, nahm mir nicht genug Zeit. Mit der „Symphony“ sollte alles anders werden. Sie bekam die Zeit, die sie einfach brauchte, um zu Dem zu werden, was sie heute ist. Nur zur Erklärung: ich bin Nachtmensch und komponiere meist nachts, denn die Nacht hat ihre ganz eigene Magie. Meine „Hauptarbeitstiere“ im Studio sind meine beiden geliebten KORG`s, also der KORG Triton pro und der KORG M3 73. Zwei Workstations, mit denen ich meine Ideen hauptsächlich umsetze. Ich habe noch weitere Synthies im Studio, doch sie kommen nur hier und da zum Einsatz, wo sie mir als passend erscheinen. Vieles wird per Hand eingespielt, nur hier und da überlasse ich etwas der Karmafunktion des M3 oder des Arpeggiators des Tritons – etwa wenn es um Rhythmuselemente geht, an denen ich mich orientiere.
? Wie kommst Du auf Deinen Künstlernamen Matzumi – wodurch und wie ist er entstanden?
Diese Frage wird mir sehr oft gestellt. Irgendwann in den 90ern sah ich mir eine Dokumentation über ein Löwenrudel im Fernsehen an. Da gab es eine Löwin, sie hieß Madsume und ihr Schicksal bewegte mich sehr. Mir gefiel der Name und machte „Matzumi“ daraus. Dieser Name musste nun als Pseudonym auf diversen Musikerplattformen „herhalten“, damit begann ich, mir dort einen Namen zu machen. Später, im Jahre 2009, als mich mein damaliges Label CandyRush-Music über eines dieser Plattformen entdeckte und meine Musik vermarkten wollte, ging es darum, ob ich diesen Namen beibehalten wollte oder mir noch mal speziell einen Anderen zulegen will. Doch ich dachte mir, dass mich inzwischen zu viele Menschen unter diesem Namen kannten und so behielt ich ihn bei, obwohl das nie mein Künstlername sein sollte. Ich fand ihn schlichtweg nur schön, mehr nicht.
? Wie ist Deine geschätzte Meinung zum Bereich – Electromusic im Radio – von z.B. Tangerine Dream, Jarre, Brian Eno, Vangelis und vielen anderen die ja durchaus Radiokompatible Tracks produziert hatten – oder halt Deine Tracks – wie könnte man diesen Bereich beeinflussen, um überhaupt einmal solche Musik im Radio zu hören?
Ich finde es prima, wenn solche Musik im Radio zu hören ist. Diese Musik ist, im Vergleich zur Chartmusik heute, zeitlos. Für mich hat diese Art der Musik nichts von ihrer Unschuld verloren, das heißt, sie muss nicht mit aller Gewalt horrende Summen an Geld einspielen. Sie steht allein für sich selbst. So zumindest sehe ich das. Andere mögen vielleicht anderer Meinung sein. Ich kenne mich selbst zu wenig in diesem Bereich aus, als dass ich das beantworten könnte, bin aber der Meinung, dass das ganz andere Institutionen entscheiden, was im Radio gespielt wird und sogar die einzelnen Radiosender Vorgaben bekommen, was sie zu spielen haben.
? Und generell, von einigen Leute als „Kavaliersdelikt“ betitelte – CD Piraterie – ist das in Ordnung, wenn man Eigentum von Superstars wie von den oben genannten von irgendwelchen Seiten herunterladen kann und was sollte eine CD im Gegenzug aktuell kosten, um den Verkauf wieder anzukurbeln?
Das ist alles Andere, als ein Kavaliersdelikt. Ganz gleich, welchen Rang der jeweilige Künstler auch haben mag, ob Superstar oder nicht, es zerstört wohl mehr, als das es nützt. Musik ist Kunst, ist Handwerk und sollte auch so verstanden werden und Kunst hat ihren Preis. Da auch meine Musik solchen Musikpiraten zum Opfer gefallen ist, kann ich nur aus eigener Erfahrung sagen, dass es verdammt weh tut, wenn man mit ansehen muss, wie ganze Alben regelrecht verramscht werden und man nicht einmal etwas dagegen tun kann. Wo bleibt da der Respekt dem Künstler und seiner Musik gegenüber? Was eine CD kosten sollte, kann ich so pauschal nicht sagen. Fakt ist, man investiert selber viel viel Zeit und Arbeit in so ein Album und es kostet auch Geld, das Album dann als CD oder gar Vinyl produzieren zu lassen. Wie viele von uns machen das in Eigenleistung?! Bis zum verkaufsfertigen Endprodukt hat man jede Menge Arbeitsstunden hinein investiert und bis dahin nichts daran verdient. Als Band oder als Solist, der einen Eigenvertrieb betreibt, muss man sich also auch als Unternehmen betrachten und Marketingstrategien finden, die den Verkauf der eigenen CDs ankurbeln können. Natürlich ist hier auch nicht ganz unwesentlich, ob der potenzielle Hörer überhaupt CDs will, davon hängt auch vieles ab – gerade im Downloadzeitalter.
? Oder bist Du wiederum von der These überzeugt, dass es für junge Bands ein Vorteil sein könnte, um deren anfangs unbekannte Elektromusik überhaupt erst bekannt zu machen – wie läuft das bei Dir?
Ich denke, viele junge Bands machen so ihre Musik bekannter. Verteilen ihre Werke auf möglichst vielen Plattformen, was ja auch Sinn macht, da so die Chancen steigen entdeckt zu werden. Vielleicht stellen sie ihre Musik auch kostenlos einer breiten Masse zum Download zur Verfügung. Es hängt wohl auch vom Anspruch jedes Einzelnen ab, ob man bekannter werden will, entdeckt werden will oder ob es einem genügt, nur für einen kleinen Kreis an Leuten oder nur für sich selbst Musik zu machen. Bei mir läuft es nicht viel anders ab. Auch ich habe diverse Profile auf verschiedenen Plattformen, biete jedoch kaum vollständige Songs, sondern eher nur Ausschnitte an.
? Oder ist die Zukunft – für mich als alten Plattensammler eine grauenvolle Vorstellung – tatsächlich der digitale Megatrend – das Streaming – wo Millionen von Songs überall und sogar legal jederzeit bequem und billig wie nie zuvor, verfügbar sind?
Nun, ich bin kein Experte in solchen Dingen, aber ich denke schon, dass das die Zukunft ist (auch für mich ein schrecklicher Gedanke). CDs und Vinyls wird es wohl aber trotzdem weiterhin geben, solange es weiterhin gekauft wird.
? Wie stehst Du zum Thema Musikvideos – ich habe da z. b. den Auftritt bei den „Schwingungen“ und das Konzert „Symphony“ in Ebersbach entdeckt – bringt es Vorteile in diesen audiovisuellen Zeiten Clips für You Tube oder andere Kanäle zu erstellen?
Absolut ! Es gibt Künstler, die sind erst durch Youtube berühmt geworden. Youtube sehe ich geradezu als Pflichtkanal, da es ja nicht zuletzt auch eine wichtige Quelle für Musik und ein gutes Promo-Tool ist. Ferner ist auch Youtube ein soziales Netzwerk, in dem sich ausgetauscht werden kann. Fans sind auch einfach näher dran an ihrem Star. Wenn ich allein mal von mir ausgehe: wenn mich ein Künstler besonders interessiert, gehe ich auch zuerst zu Youtube und suche dort nach ihm, weil ich ihn nicht nur hören, sondern auch sehen will, ihn bei seiner Studioarbeit sehen will usw. Ich denke, nicht nur ich finde Einblicke in diverse Studios und die Arbeit darin spannend oder Making of`s, Tourvideos bestimmter Künstler, die ich dort sehen will etc. Ferner hat man auch als Künstler die Möglichkeit, dort direkt mit seinem Publikum / seinen Fans zu kommunizieren. Man darf Youtube eben auch nicht als Suchmaschine verachten. Also unbedingt einen Youtube-Kanal anlegen!
? Hast Du auch schon Auftritte im Ausland absolviert, teilweise gibt es Künstler, die dort erfolgreicher als in der Heimat sind und mit welchen Künstlern arbeitest Du generell gerne zusammen?
Bislang nur einmal, das war 2011 in Holland. Bin aber sehr daran interessiert, im Ausland aufzutreten. Da ich bislang noch nicht generell mit den gleichen Künstlern zusammen gearbeitet habe, kann ich das so nicht sagen, weil mir alle Zusammenarbeiten bislang Spaß gemacht haben.
? Welche Technik / Synthesizer hast Du am Anfang Deines Schaffens eingesetzt und welche Instrumente sind heute Deine Favoriten, nimmst Du die Samples selber auf und wie verplanst Du diese dann aktiv in Deinem Klanggerüst einzusetzen?
Dazu gehe ich mal zurück in meine Kindheit. Musiziert habe ich auf allem, was mir zum Musik machen dienlich war. Ich hatte z.B. damals ein kleines Kinderakkordeon, das war wirklich nur Spielzeug, aber immerhin :-) Ein winziges Kinderpiano gab es auch. Später kam sogar ein richtiges Akkordeon dazu, das war eigentlich zu groß und zu schwer für mich, weil ich noch zu klein war dafür, aber damit konnte ich schon richtig tolle Klänge zaubern, das faszinierte mich und so saß ich in meinem Zimmer, ganz allein und für mich, mit diesem „tonnenschweren“ Akkordeon umgeschnallt und entlockte ihm die für mich damals tollsten Klänge. Doch das Highlight war mein allererstes Keyboard, das ich nach der Wende von meinen Eltern geschenkt bekam. Das war ein Hohner PSK 15, das ich heute noch habe. Es hängt in meinem Studio. Hier begann quasi mein Einstieg in die Welt der elektronischen Musik. Diese kleine Kiste fesselte mich vollkommen. Es war der Auftakt meiner sogenannten „Keyboard-Ära“, die bis 2003 anhielt. Ich hatte mir im Laufe der Jahre immer größere und teurere Geräte von Yamaha gekauft, doch erst mein erster Synthesizer, der KORG Triton pro, zeigte mir, dass die Keyboards Fehlinvestitionen waren. Bis auf das Hohner hatte ich nach und nach alle verkauft. Der Triton leistet mir bis heute gute Dienste. Natürlich blieb es nicht nur bei diesem einen Synthesizer, es kamen dann nach und nach ein Yamaha CS 2x, ein Roland JP 8000, ein Access Virus Ti2 Polar und ein KORG M3 73 hinzu. Das ist mein Equipment, mit dem ich arbeite. Für meine Gesangsaufnahmen habe ich ein Rode NT1A, für die Bühne ein Shure SM 58 und einen Wuhan Windgong. Als DAW verwende ich Cubase 5. Samples nehme ich selber keine auf, habe aber meine Workstations nahezu komplett auf meine Bedürfnisse umprogrammiert.
? Der Franzose und Synth Dino – Jean Michel Jarre – hat vor ca. 8 Jahren seine erste Veröffentlichung „Oxygene“ mit den Original Instrumenten aus 1976 live auf einer Tour performt, wäre das mal ein Anreiz für Dich, z.B. Dein Debütalbum “ Sometimes“ aus 2009 nochmal live oder generell neu zu präsentieren?
Hm, naja, vielleicht kein ganzes Album, aber in ferner Zukunft eine Neuauflage des einen oder anderen Titels. Das kann ich heute noch nicht sagen. Was ich sagen kann ist, dass in meinen bisherigen Alben alte Melodien, die ich früher auf meinen Keyboards gespielt aber nie aufgenommen hatte, zum Teil wiederverwendet wurden. Ein Best Of soll es auch noch geben – vielleicht im Jahre 2019, denn dann steht Matzumi seit 10 Jahren in der Öffentlichkeit und da könnte ich mir durchaus vorstellen, alte Songs wiederzubeleben und ihnen ein neues Gewand zu verleihen. Da ich aber über genügend neue Ideen verfüge, ist dies erst einmal noch kein Thema für mich.
? Wo bekommst Du außerdem Deine Wunschsynthesizer her – z. B. Online Shop – und welche Musikinstrumente im Allgemeinen formen das elektronische Soundgewand bei Matzumi?
Och, das ist ganz verschieden. Mal von eine bekannten Auktionsplattform, mal in diversen Online-Shops wie Thomann usw. Typisch für mich, neben meiner Stimme, sind Streicher, Chöre, French Horns, also ganz besonders orchestrale Elemente – nur hier stammen sie nicht von echten Instrumenten (leider), sondern aus dem Synthesizer oder aus dem PC als VSTi. Das Alles wird kombiniert mit Flächen- und Padsounds, mit verspielten Sequenzern, mächtigen Taiko-Drums und anderen Drumsets. Ich liebe es, wenn es „groß“ klingt, voluminös ist, monumental eben. Ich mag die Dramatik, die man damit erzeugen kann. Natürlich habe ich auch immer meine Standardsounds, die immer vorkommen – das wären z.B. die Streicher. Seit dem „Symphony“-Projekt experimentiere ich auch viel mit exotischen Instrumenten wie der Duduk, der Yali Tambur usw. Das sind spannende Instrumente, die ich seit diesem Projekt für mich entdeckt habe.
? Wird im Studio bei Dir viel herum experimentiert und getestet, worauf legst Du besonderen Wert, wenn Du z.B. neue Synthies oder Controller prüft, informierst Du Dich in dem Bereich auch über Fachmagazine?
Nun, da haben wirs mal wieder: Youtube ! ;-) Bevor ich einen neuen Synthie kaufe, lasse ich ihn mir vorführen bei Youtube. Dort kann ich sehen bzw. hören, ob dieser Synthie überhaupt in mein Projekt passt, ob er meinen Ansprüchen gerecht wird, ob ich mit ihm meine Ideen umsetzen kann. Youtube ist dafür eine hervorragende Plattform. Ich bin seit dem Triton recht eingeschossen auf die Marke KORG. Somit steht also der KORG Kronos ganz oben auf der Wunschliste, der eines Tages mein Studio bereichern soll.
? Sind Nebenprojekte für einen Künstler notwendig, da sich hier musikalisch etwas anders ausgelebt werden kann – oder braucht man eventuell überhaupt keine Nebenprojekte, wenn sich solch Prozesse vielleicht sogar integrieren lassen?
Das muss jeder für sich entscheiden. Wer mehr als nur ein Genre bedienen will, für den könnte das gut und nützlich sein. Letztendlich sei es jedem selbst überlassen.
? Einige Musiker der Szene arbeiten auch in diesen Zeiten mit analogen Synthies anstatt mit digitalen Computern und Software, bist Du auch der Meinung das analoge Sounds wärmer klingen und somit durchaus eine wichtige, emotionale Komponente in der elektronischen Musik darstellen, teils werden neue technologische Entwicklungen für den Verlust von Kreativität verantwortlich gemacht?
Hm, dazu arbeite ich selbst zu wenig mit analogen Geräten, um das genau beurteilen zu können. Mir kommt es auch nicht darauf an, ob analog oder digital. Das sind Dinge, über die ich mir nie Gedanken mache, nur das Ergebnis zählt. Die Kreativität ging dadurch sicher nicht verloren, sie wurde eher noch gefördert, denke ich. Ich denke da speziell an Jene, die mit Hilfe von Mausklicks Musik produzieren und selten eine Taste angerührt haben, aber etwas Kreatives wurde ja trotzdem geschaffen. Die heutige Technik macht es eben möglich, das zudem wirklich jeder, der es will, auch Musik machen könnte und das sehr sehr einfach – unabhängig von einer tatsächlich vorhandenen Musikalität.
? Was hältst Du von Software Synthesizern? Was würdest Du Dir als Entwicklung für die Zukunft wünschen?
Im Grunde genommen gar nichts, weil ich absolut kein Computerfreund bin, auch wenn die heutigen Synthesizer mehr Computer und keine echten Synthesizer sind. Zwangsläufig muss ich aber auch auf sie zurückgreifen, wenn ich bestimmte Klänge haben möchte, die mir meine Synthies nicht bieten können oder nicht in der Qualität, wie ich sie benötige. Sie sind für mich also nur mehr notwendiges Übel. Für das „Symphony“-Projekt habe ich viel darauf zurückgegriffen. Also ich wünsche mir im Prinzip schon lange eine Workstation mit absolut realistisch klingenden Orchestersounds. Mit grandiosen Chören, die lebensecht klingen. Also alles, was ich bevorzugt an Klängen nutze, in einer Workstation. Sowas gibt es bereits. Das wäre übrigens der KORG Kronos, der auf meiner Wunschliste ganz oben steht. Man kann ihn mit diversen Librarys „füttern“, so dass man beispielsweise plötzlich CS80-Klänge von einem KORG zu hören bekommt – wenn man es möchte. Dies und noch vieles mehr. So bräuchte ich nicht mehr auf VSTis zurückgreifen, sondern hätte sie quasi direkt in meiner Workstation. Ich bin kein Techniker, ich will nicht erst zig Computerprobleme lösen müssen, bevor ich dieses oder jenes VSTi verwenden kann. Ich bin Musikerin und will direkt damit arbeiten können.
? Und zum Schluss ein kleiner Ausblick: Was möchtest Du in der nahen oder späteren Zukunft noch mit Matzumi umsetzen und erreichen, wie sieht es z. B. mit Filmmusik zu einem imaginären Film aus?
Oh, da gibt es vielerlei Pläne. Da schwirrt mir eine Menge an Ideen im Kopf herum. Geplant ist, aus dem Musikprojekt „Matzumi“ ein Unternehmen zu machen, das mehr als nur Musik beinhaltet. Ein Wunsch, den ich schon länger hege, doch all diese Ideen müssen noch reifen, die Umsetzung ist bislang die größte Hürde. Ein klares Konzept will zudem entwickelt sein. Mehr sei aber noch nicht verraten. Die Musik zu einem Film zu schreiben, wäre auch eine interessante Herausforderung, der ich mich gern stellen werde, sollte sich die Gelegenheit bieten. Doch bis jetzt mache ich erst einmal noch so weiter als Die, die ich bin: Matzumi, die Komponistin und Sängerin :-)
(S.Ericksen)
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