Aidan Baker. …hallo? …noch jemand interessiert? Es scheint zu den unangenehmen Seiten eines (zugegeben sehr) produktiven Musikerlebens zu gehören, dass sich selbst Liebhaber(innen) abwenden, nur weil sie es, ab einem gewissen Punkt, als „zu viel“ empfinden; deshalb nicht mehr mithalten können (was ja oftmals eigentlich „wollen“ meint) und statt sich selbst und ihre (gewandelte) Einstellung zum Künstler allein eben diesen selbst dafür verantwortlich machen. Marke: wenn du nicht so viel machen würdest, dann könnte ich mich auch noch für dich interessieren. Es ist aber sicherlich ohnehin ungerecht, dieses Phänomen einfach nur einseitig zu begründen; es gibt unglaublich viel Musik. Und es gibt auch richtig viel interessante und packende. Auswahl tut also not und dieser Not muss dann der Einzelne wohl oder übel mit seinen persönlichen Mitteln begegnen und sei es auch nur mit der Feststellung, dass Komplettismus in einer Tonträgersammlung nicht das allein selig machende Element sein muss. Zumal Aidan Baker einer derer ist, die eine Menge tun, diese Art von Not zu verschlimmern, zumindest bei denen, deren Geschmack durch derartige Musik angesprochen wird. Und sicher ist dabei auch, mit Blick auf Komplettismus + Co.: keiner erfindet sich dauernd neu, Entwicklungen finden (auch) in Schüben statt, manches bleibt (auch in der Rückschau) „nur“ Variation.
„Triptychs: Variations On A Melody“, die neue Aidan Baker (auf Important Records) ist da anders; heißt, das Letztgenannte trifft auf diesen CD-only Release einfach nicht zu. Auch wenn es sich, soviel Wiederholung sei verziehen, um einen der Aidan Baker Konzeptreleases handelt, auch diesmal wieder basierend auf einer klaren Idee als Vorgabe (und nicht etwa als Improvisation im Spiel entstanden). Die Musik auf „Triptychs: Variations On A Melody“ greift damit die kompositorische Haltung von einer Phase von Erik Satie auf (das Label spricht dazu wie folgt: „Triptychs takes inspiration from Erik Satie’s compositions Gymnopédies and his notion of ‚furniture music,‘ which many consider a precursor to contemporary ambient music. Each ‚triptych‘ is based around a simple, slow moving melodic line, which repeats three times with the addition of an harmonic line upon each repetition, culminating in a three part harmony“) und lässt insgesamt fünf unterschiedliche Triptychs entstehen, die in mehreren Versionen als schließlich dreizehn einzelne Stücken auf dem Album enthalten sind.
Die Umsetzung erfolgte (ein weiteres Mal) nicht allein durch Aidan Baker; Leah Buckareff, David Nesselhauf, Katie English, Rose Bolton, Peter Broderick, Angela Chan, Julia Kent, Felica Atkinson und Aki Yakamoto, die zumindest teilweise schon früher im Aidan Baker Umfeld mitgearbeitet haben, setzen diese musikalisch um. (Trotz der Vielzahl der Musiker) sehr sparsam (da jedes Tryptich stets solo eigespielt wurde), besonders die allein durch Gitarre oder Bass gespielten Triptychs mit viel Raum um die einzelnen Töne, sehr fokussiert auf den Einzelklang und seine Ruhe in sich selbst; so wie jedes einzelne Stück in sich selbst ruht. Kein Vergleich zu den flächigen Kompositionen, für die Aidan Baker fast programmatisch zu stehen scheint; selbst „Dry“, das entsprechend des Titels sehr effektarm eingespielte Album, klingt im Vergleich zu „Triptychs: Variations On A Melody“ und seinen Stücken schon fast extrem „voll“. Erst die auf Blas- bzw. und Streichinstrumenten basierenden Tryptichs beanspruchen ein Mehr an Raum… Und trotz aller Konzepthaftigkeit: „Triptychs: Variations On A Melody“ ist ein Album voller Zugänglichkeit und starker Identität, trotz oder gerade wegen seiner Einfachheit. Und eine deutliche Variation des bisherigen Oevre. Fast schon, besonders bei den volleren Stücken, der Soundästhetik der „klassischen“ Musik nahe. Überraschung.
(N)
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