Denovali Records reichen das nächste Highlight nach. Konnten mich die Tage das Electronica/Songwriter Debüt von Never Sol aus Tschechien bereits begeistern, so liegt mit dem Werk des in London lebenden Franzosen Franz Kirmann (im Übrigen die eine Musikerhälfte des bekannten Duos Piano Interrupted und auch Produzent), das nächste Highlight im Briefkasten.
Werden im Promo-Beipack Namen Soundtrack-Koryphäen wie Clint Mansell, Clive Martinez, Max Richter oder David Lynch genannt, trifft das im Wesentlichen auch zu, flirtet der Franzose mit genau diesen lieb gewonnenen Stilmitteln herum, soll heißen, orchestrale Synthis treffen auf Klassik, rauschartige, knisternde Electronica paart sich mit 80er Drum-Machine zu einem melancholischen Cocktail, der genau diese Art Bilder evoziert, die man aus tollen nächtlichen Filmszenarien wie „drive (Nicholas Winding Refn ) oder Mulholland Drive von David Lynch sogartig in sich aufgenommen hat. Immer während durchfluten Bilder/ Szenarien wie Isolation, Einsamkeit, Melancholie, aber auch friedlicher, verträumter, ja romantischer Stille den Rezensent ohne in arg depressive Klangmuster zu verfallen. Dazu ist alles zu kontrastreich, eine gewisse Verspieltheit im Sound zwischen Pop, Electronica und Drone/ Shoegaze nimmt den Hörer jederzeit an die Hand, lässt Abgründe höchsten erahnen.
Der Franzose will mit seiner Platte den Interessierten zu Tagträumerei/Introversion einladen, einem epischen Trip gleich. Passend dazu auch der Albumtitel „meridians“, welcher der chinesischen Medizin entnommen wurde und gleichbedeutend für die Wege im Körper, durch die die Lebensenergie fließt ist. Das lässt einen gewissen esoterisch angehauchten New Age Touch nicht gänzlich abstreiten, wird aber zum Glück durch immer wieder präparierte Piano-Klänge a´la Max Richter/Olafür Arnalds brüchig sphärisch im rechten Moment Richtung experimentelle Klänge aufgefangen, einem imaginären Trip gleich. Kirmann wählte nach dem Prinzip der Montage kleine Audio-Snippets oder Samples nach der Stärke ihres emotionalen Gehalts aus(von Pop bis orchestral), um sie jenseits ihres Wiedererkennungswertes zu transformieren. Cinemascope-artige Klanglandschaften wie im Drum-Machine lastigen Opener „dancing on the edge of the void“ oder den alten M83 sehr affinen „they drove all night…stehen dronig-ambiente Stücke wie „he watched as she disappeared“ oder das lichtern-strahlende Drone-Glanzstück „where did we go wrong“ gegenüber.
Zum Ende der CD lässt Kirmann Max Richter-like tolle fast Folktronica/Shoegazer/Postrock-artige Kleinode wie „good morning bright star“, „with such sweet despair“ auf romantisch traurige Ambient-Pop Stücke wie „ghost of a smile“ treffen, die diese introspektiven Nachtfahrten suggerieren, die o.g. Soundtrack-Meister auch in besagten Film-Classics auf sehr emotionale Weise wirken ließen. Städte bei Nacht, Isolation inmitten des alltäglichen Irrsinns, verschwommene, nicht greifbare emotionale Verirrungen, finden sich in diesen Electronica-Soundtrack wieder und verkommen nicht nur zu akustischem Beiwerk, ist man gerne bereit, die Gedanken mit Bildern zu füttern, zu driften und wer den tollen Soundtrack von David Holmes endlos traurigen Sci-Fi Drama „Code 46“ mit Tim Robbins kennt, weiß um die Suggestivkraft dieser Bilderfahrten des Nachtens, die ähnlich o.g. „drive“ wohlig melancholisch die Synapsen bedient. Immer mit einer gewissen Leichtigkeit, Klarheit und Verträumtheit wird die melancholische Ader des Hörers gefüttert, und ist somit für Fans der benannten Künstler und vor allem jene, die die ersten spacig, Cosmic-Pop artigen M83 Alben zu schätzen bzw. lieben sollten, ein dicker Tipp!
(R.Bärs)
Format: CD/LP |
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