SABBATH ASSEMBLY – Quaternity (CD/LP)

Sonntagmorgen. Muffelig? Dann erst mal einen Esslöffel Ziegenblut in den Kaffee. Keine Ausreden, es ist Zeit für den Satansdienst. Habt ihre eure schwarzen Samt-Kutten schon bereitgelegt? SABBATH ASSEMBLY sind in der Stadt. Mitgebracht haben sie wieder sechs neue Stücke voll von okkultem Spiritualismus und huldigen weiterhin dem konzeptionellen Grundgedanken der „Process Church Of The Final Judgement“. Eine sektenartige Gruppierung, die in den 1960er- und 1970er-Jahren gleichzeitig alle vier großen Gottheiten Jesus Christus, Jehova, Luzifer und Satan angebetet hat. Fakt ist: Die paradoxe Ideologie dieser obskuren Gemeinschaft übt seit Jahren einen unstillbarem Durst nach kultureller Rezeption auf die Subkultur aus.

Während sich SABBATH ASSEMBLY auf ihrem Debüt noch hauptsächlich mit Easy-Listening-Songs mit ABBA-Hitdichte („We give our lives“) widmeten und ihr Faible zum ökologisch-orientierten Satanismus ganz indiskret nach den Texten und Liedern der Process Church ausrichteten, gab es auf dem Zweitwerk „Ye Are Gods“ eine original-vertonte Messe nach einstigem Vorbild. Eine Symbiose zwischen okkulten Predigten und Gesangsstücken. Klingt langweilig. War es auch. Damaliger Vorbeter war kein geringerer als Genesis P-Orrdige sowie der Ex-Processian Timothy Wyllie, der seitdem das Duo tatkräftig mit Rat und Tat zur Seite steht. Nachdem die stimmgewaltige Jex Thoth bereits nach dem Debüt ausgestiegen ist und man mit Jamie Myers eine gleichgesinnte Sängerin engagierte, muss man auch zum neuen Album „Quaternity“ die Personalfrage stellen. Gegenwärtig bestehen SABBATH ASSEMBLY aus Myers. Wyllie und Schlagzeuger/Perkussionist Dave „Xtian“ Nuss. Gesangliche Unterstützung gibt es von Jessika Kinney (SUNN O))), WOLVES IN THE THRONE ROOM), während Nameless Void (NEGATIVE PLANE) für die atmosphärischen Orgeluntermalung zuständig ist. An der Gitarre konnte man Kevin Hufnagel von GORGUTS als Gleichgesinnten verpflichten. Die HEXVESSEL-Musiker Mat McNerney und Marja Konttinen tragen in einzelnen Passagen Gebete und Schriften vor. Und das alles geschieht mit der völlig unkritischen Distanz zum Original und voll von ungetrübter Ernsthaftigkeit.

Musikalisch nähert sich das Trio immer deutlicher der klassischen Kirchenmusik an. Der apokalyptische Folk-Ansatz ist nur noch in der analogen Produktion und den sakralen Texten zu verfolgen. Vielmehr sind die sechs neuen Stücke, die sich in ihrer jeweiligen Hymnenhaftigkeit auf je eine Gottheit berufen kraftvolle Elegien mit individuellem Ansatz. So ist der Opener „Let Us Who Mystically Represent“ ein sakral-gesanglicher Warm-up für Sängerin Myers, „I, Satan“ hingegen eher Mittelklasse Retro-Rock der auslaufenden Marke BLOOD CEREMONY. Prägendes Herzstück ist das monumentale 19-minütige Stück „The Four Hoursemen“, welches sich auf die vier apokalyptischen Reiter bezieht und als epische Satans-Oper mit Violinen bezeichnet werden kann. Hier zeigen sich SABBATH ASSEMBLY mächtig und von ihrer progressiven Seite. Dennoch hat man das Gefühl mit den ersten beiden Alben bereits ausreichend bedient zu sein.

Ist man dem Werk von SABBATH ASSEMBLY verfallen, geht zweifelsfrei ein unglaublicher Sog von der inszenatorischen Adaption aus, der kurzfristig den Durst nach Feierabend-Okkultismus stillt. Langfristig muss man sich aber fragen, wie lange das Projekt und der ursprüngliche Process-Church-Gedanke noch Hörer findet. Schließlich ist die einstige Sekte seit 1984 als Tierschutzorganisation tätig und hat sich durch die Führung Michael Mountain von ihren einstigen satanischen Ideologien emanzipiert (übrigens: wer sich für die chronologische Historie der einst religiösen Gruppierung interessiert, dem sei William S. Bainbridges Buch „Satans Power“ empfohlen). Aber solange es wahnsinnige Gruppierungen wie die Peoples Temple, Church Of Euthanasia oder der Bruno-Gröning-Sekte gibt, wird SABBATH ASSEMBLY wohl kaum der Stoff ausgehen.

Zusammenfassend ist also zu sagen, dass „Quaternity“ wieder einmal ein tief religiöses Album mit Originalmaterial der Process-Church geworden ist. Erwähnenswert ist noch die Anekdote, dass eine noch tiefere Beschäftigung mit der Symbolik und Rezeption vereinbart wurde, nachdem ein Beschwerdeanruf von Ex-Mitglied Anthony D´Andrea das Duo dazu animiert hat, sich der damaligen Ideenlehre vollends hinzugeben und nicht nur in Grundzügen zu streifen. Ob das nun alles Kinderquatsch mit Luzifer oder ernsthafte popkulturelle Auseinandersetzung ist? Das bleibt letzten Endes voll und ganz der persönlichen Einstellung des Rezipienten zur Thematik überlassen. Einen Innovationspreis wird „Quaternity“ mit diesen sechs neuen Stücken aber nicht gewinnen.

(Dimitrios Charistes)

Format: CD/LP
Vertrieb: SVART/CARGO
 

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