Seit 1990 wuselt sich der Italiener Lugi Maria Menella mit seinem Projekt FORMAL LOGIC DECAY durch die industriellen Grenzbereiche zwischen Musique Concrete und Power-Electronics und fühlen sich in ihren grotesken Szenarien zwischen Heile-Welt-Kitsch und morbider Subtilität zuhause. Unvergessen das atmosphärische „Lovstakken“ von 2001, welches sich der Vertonung der norwegischen Bergregion zum Konzept gesetzt hat. Neben weiteren okkulten Riten und einstigen, harschen Zerstörungsorgien kommen sie auf ihrem letztjährigen Werk „His Master´s Void“ mit ihrem wohl zugänglichsten Konzeptalbum daher, welches sich auf die Dekonstruktion und Neuarrangements zeitgenössischer Evergreens und Rock-Oldies spezialisiert, sich aber nie gänzlich von Popgewand und deren linearen Songstruktur distanziert.
Dekonstruktion der Rockmusik kommt dem einstigen Ideal und Konzepten der 80er-Jahre-Industrial-Kultur am nähesten. „Künstler wie Throbbing Gristle, Cabaret Voltaire, Non und SPK klangen zersetzend und kappten endgültig alle Fäden, die zu Pop- und Jugendkultur hätten zurückführen können“ (Martin Büsser in On The Wild Side – Die wahre Geschichte der Popmusik). „His Master`s Void“ ist daher weniger klassische Zerstörung ideeller Schöpfungskunst, sondern viel mehr Neuinterpretation und Hommage an so unterschiedliche Künstler wie The Doors, The Kinks, Elvis Presley oder Robert Johnson. Klar, die x-te Coverversion von „Alabama Song“ oder „Summertime“ zerrt schon gewaltig an den Nerven, nicht aber wenn sie mit verfremdeten Glitches, Generatoren und dem cheesy Gesang von Mennella interpretiert werden und in ihrer Aufmachung bittersüße Hollywoodschinken in schwarzweiß-Optik vor dem geistigen Auge erscheinen lassen. So findet sich neben der 50er-Jahre-Schnulze „Guarda Che Luna“, im Original von Andrea Valente auch Presleys „Are You Lonesome Tonight?“ oder der unsägliche Schmachtfetzen „Mack The Knife“ von Bobby Darin. Interessant ist, wie die sinnlichen Schmuseballaden mit geisterhafter Stimmverzerrung vorgetragen werden und so die Wirkung des Stücks in eine völlig andere, verzerrte Richtung gewandelt werden.
FORMAL LOGIC DECAY schaffen es ihre wehmütigen Hommage an die „gute alte Zeit“ mit ihren elektroakustischen Experimenten (man genieße nur das schaurig-schöne Theremin-Spiel auf „Balada Para Mi Muerte“ ) zu einem ganz besonderen Album zu verfeinern, welches in seiner Machart an die leider eingestellte „Industrial Tribute“-Reihe“, wie zum Beispiel das vom US-Label Cleopatra realisierte Industrial-Tribut an Metallicas „Black Album“, erinnert. Durch den entrückten Gesangsstil schwebt gleichzeitig etwas Unheimliches, Bedrückendes, Unbegreifliches im Raum umher und macht Lust, die mannigfaltige Diskographie des umtriebigen Italieners mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
(Dimitrios Charistes)
Format: CD |
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