„Ich glaube, dass unsere Generation traurig, apathisch und einfach nur mittelmäßig ist“ – Interview mit Sänger Johan von CELESTE

Ihre Alben tragen stimmungsvolle, schwarzromantische Titel wie „Pessimiste(s)“, „Nihiliste(s)“, „Misanthrope(s)“ oder Morte(s) Nee(s)“ und sind stilistisch sicher nicht der Sonne zugewandt. Seit 2005 wälzt die französische Sludge-Metal-Band CELESTE aus Lyon alles nieder, was sich ihr in den Weg stellt. Ihre Platten vertreibt die stark an Ästhetik orientierte Band in stilechtem Schwarzweiß. Ihre intensiven Live-Shows mit reduziertem Bühnenlicht und den legendären roten Kopflampen und Strobo-Attacken sind in der Szene längst Kult. CELESTE, die ihre Wurzeln in der Lyoner Hardcore-Szene haben, sind eine dieser Band, denen man bedingungslos verfallen kann, wenn man sich auf das streckenweise unhörbare Chaos aus monolithischen Gitarrenwänden, ultrabrutalen Double-Bass-Attacken und verdammt ungesundem Gekeife einlässt, garniert mit hässlichen Texten aus der Untiefe der menschlichen Seele – fertig ist der Cocktail für die Todesdisko. Im DENOVALI-Umfeld kultisch verehrt, wurde es Zeit, Sänger Johan bei der vergangenen Mini-Tour durch die Niederlande, Deutschland und Belgien zur jüngst im November 2013 erschienen Platte “ANIMALE(S)“ zu befragen, die selbstverständlich wieder einmal die “härteste, fieseste, destruktivste und böseste“ geworden ist. Tatsächlich schaffen es CELESTE neuerdings punktuelle Akzente zu setzen, lockern ihre Musik mehr mit verdaulichen Instrumentalstücken auf, sind aber immer noch meilenweit davon entfernt, nur ansatzweise als massentauglich bezeichnet zu werden. Ein Gespräch über die zwingende Leidenschaft zur Musik, menschlichen Missgunst und tiefenverbundener Freundschaft innerhalb dieses “Zirkel des Hasses“. Eigentlich ist Johan aber ein äußerst freundlicher, sympathischer und angenehmer Zeitgenosse. Also, alles nur Show?

? Hallo Johan, schön, dass du Zeit für ein Interview mit BLACK gefunden hast. Lass uns über euer neues, fünftes Album “ANIMALE(S)“ reden. Das Ziel von CELESTE ist es, stets ein härteres, düsteres und bösartigeres Album zu erschaffen als das vorherige. Habt ihr diese Intention ein weiteres Mal erreicht?

Ich denke schon. Aber dieses Mal sind wir einen weniger direkten Weg als in der Vergangenheit gegangen. Nach “MORTE(S) NEE(S)“ (=Totgeboren) ist es tatsächlich komplizierter geworden, noch extremer oder schwärzer zu klingen. Es fällt uns als Band wirklich schwer, uns zu erneuern. Zwar istjeder von uns anderen Musikgenres offen gesinnt, aber es gibt nur wenige Aspekte, von denen wir glauben, dass sie in Einklang mit der Atmosphäre von CELESTE realisierbar sind.Wenn wir am Ende eines Schreibprozesses, trotz wochenlanger Bemühungen, kollektiv spüren, dass das Erschaffene nicht dem hohen Niveau von CELESTE entspricht, zögern wir keine Sekunde, dieses zu verwerfen.Mit “Animale(s)“ haben wir daher einen kompletten Rundumschlag mit allem was die Band ausmacht erschaffen. Jedes einzelne Element ist durchdacht zusammengeführt, kohärent und kontrastreich. Schließlich entstand etwas vielleicht weniger direktes, aber dennoch sehr viel tieferes, als alles was wir vorher gemacht haben.

? Nachdem ich mich mit eurer neuen Platte intensiv beschäftigt habe, muss ich nach mehrmaligem Durchhören zugeben, dass es trotz 70-minütiger Spielzeit euer bisher zugänglichstes Werk geworden ist. Ich persönlich finde, dass euch das Konzept eines Doppelalbums durch die Aufteilung der Songs mehr Struktur ermöglicht, so bleiben einzelne Elemente besser im Gedächtnis, während eure vorherigen Alben immer in einem Fluss gehört werden mussten und für ungeübte Ohren sicher oft unkonsumierbar erscheint. Habt ihr diesmal einen alternativen Schreibprozess gewählt? Gab es Unterschiede im Songwriting im Vergleich zu beispielsweise “MORTE(S) NEE(S)“?

Ich denke, du hast Recht, und wir wollten es genauso haben. Wir wissen, dass unsere Musik schwierig zu verstehen ist. Als wir uns entschieden haben, ein längeres Album zu schreiben, haben wir überlegt mit welchen Stilmitteln, wir etwas noch kolossaleres, aber trotzdem Hörbares kreieren können. Das Album in zwei Teile zu staffeln, hat uns das Experiment schließlich möglich gemacht.Instrumentalstücke wie (X), (Y) oder das emotionale Outro helfen uns weiterhin, dieses Ziel zu erreichen. Dieses Mal entspricht das Albumkonzept eben der Unterteilung in zweiGeschichten, die auf je einer LP ihren Platz bekommen. Die mediale Aufbereitung entspricht daher künstlerisch voll und ganz dem konzeptionellen Projekt.


? “ANIMALE(S)“ ist euer erstes Album, für das ihr nicht mehr die Option anbietet, es kostenlos via Denovali oder eure Homepage runterzuladen. Bisher galtet ihr als sehr liberale Band, was Distributionspolitik anging. Warum habt ihr euch diesmal dagegen entschieden?

Dafür gibt es mehrere plausible Gründe. Zuerst muss man wissen, dass wir für unsere Verhältnisse enorm viel Geld in die Produktion dieser Platte gesteckt haben. Wir sind in ein professionelles Studio gegangen, ich bin mehrmals nach Polen gefahren, um das Artwork zu realisieren, und, und, und. In der Vergangenheit haben wir zwar alle Alben zum kostenlosen Download bereitgestellt, aber gleichzeitig immer um freiwillige Spenden gebeten. Am Ende gab es nur sehr wenige Menschen, die online überhaupt noch etwas bezahlt haben. Klar, es war eine originelle und progressive Vorgehensweise. Aber nein, sie ist es nicht mehr, denn heute macht via Bandcamp jeder das Gleiche. Letztendlich weißt du selbst, dass wenn du eine Platte kostenlos runterladen willst, heute nur 30 Sekunden auf Google verbringen musst, um an diese zu gelangen. Wir wollen auch nicht mehr, dass die Musik von CELESTE als käufliches Digitalalbum angesehen wird. Eine Spende zum Dank für unsere Arbeit, die offensichtlich einigen Menschen wirklich etwas bedeutet, ist da meiner Meinung nach schon angebracht.

? Lass uns über das lyrische Konzept und die Geschichte hinter “ANIMALE(S)“ sprechen. Warum hast du dich als Texter diesmal für eine klassische Liebestragödie im Sinne von “Romeo & Julia” oder “Die Leiden des jungen Werther” entschieden?

Ich habe keines der beiden Romane/Theaterstücke gelesen, kenne aber ungefähr die Handlungsstränge und glaube, dass es in der Tat einige Gemeinsamkeiten gibt. Ich weiß nicht mehr genau, wann und wie mir die Idee gekommen ist. Auf jeden Fall ist es keine so einfache klassische Liebesgeschichte, wie viele meinen, sondern viel düsterer. Ich hoffe, dass viele Zuhörer Lust haben, in den Texten weiter nach Informationen zu graben um herauszufinden, was sich wirklich hinter der Thematik verbirgt.

? In der Tat interessieren sich viele eurer Fans für die Texte, sind aber leider nicht des französischen mächtig. Du erwähnst regelmäßig in Interviews, dass die lyrische Seite von CELESTE ein wichtiger Teil des Gesamten ist und essenziell, um die wahre Tiefe der Band zu begreifen. Magst du uns einige tiefere Gedanken über die neuen Songtexte geben?

Das ist jetzt eine komplizierte Situation. Auf der einen Seite sind uns die Texte wirklich wichtig, auf der anderen Seite können sie nur wenige verstehen bzw. entschlüsseln. Um es noch komplizierter zu machen, mag ich sie nicht erklären. Ich denke, das Beste wäre wirklich, wenn sich eines Tages maljemand die Mühe macht und motiviert ist, meine Texte in die englische Sprache zu übersetzen. Bisher hat sich aber noch niemand gemeldet.

? Kommen wir zum Artwork-Design. Ihr habt bei der neuen Platte wieder mit der polnischen Fotografin Martyna Adela Dziekan zusammengearbeitet, die unter anderem für ihre detailverliebten Nahaufnahmen und Schwarz-Weiß-Gesichtsporträts bekannt ist. Was fasziniert euch an ihrer Arbeit im Einklang mit CELESTE?

Am Anfang habe ich vorgeschlagen bei diesem Album mit einem anderen Künstler zusammenzuarbeiten, da er möglicherweise ein neues Element in das Gesamtpaket CELESTE mit einbringen könnte. Letztendlich musste ich aber erkennen, dass wir selbstverständlich doch wieder mit Martyna arbeiten werden. Es stellte sich zum großen Vorteil heraus, dass wir uns seit Jahren kennen und stets in Kontakt geblieben sind. Ich kann nicht wirklich behaupten, dass ich von ihrer Arbeit fasziniert bin, aber ich schätze ihre absolute Selbstlosigkeit, ihre Aufopferung und ihre Gedankenoffenheit für neue und auch andersartige Projekte. Wir haben sehr lange Diskussionen über das neue Artworkmotiv geführt. Das gesamte Projekt hat sicher ein ganzes Jahr Arbeit beansprucht. Ich bin wirklich sehr dankbar über ihre Unterstützung, die sie in die Band entgegenbringt. Außerdem sind ihre Fotografien mittlerweile zum Erkennungszeichen für CELESTE-Platten geworden.

? Während bei dem letzten Album die französischen Neoklassik-Instrumentalisten von LES FRAGMENTS DE LA NUIT mit Violinen und Cello-Einsatz stimmungsvoll bestimmte Songpassagen veredelten, habt ihr diesmal mitdem britischen Ambient-Musiker TALVIHORRORS und den Sound-Designern Sabrina Duval und Jean Charles Bastion zusammengearbeitet und ein sehr atmosphärisches “Outro” komponiert. Wie ist diese Zusammenarbeit zustande gekommen?

Das hat sich ganz natürlich ergeben. Am Anfang haben wir versucht, mit anderen Künstlern zusammen zu arbeiten, aber wir konnten keine Elemente in ihrer Arbeit finden, die mit unserer Musik harmoniert hätten. Der Einzige, der es geschafft hat, uns zu beeindrucken, war Ben Chatwin von TALVIHORRORS. Da er auch im Denovali-Rooster vertreten ist, verlief die Kontaktaufnahme unproblematisch. Jean Charles ist ein Freund unseres Schlagzeugers Antoine, Sabrina ist die Freundin meiner Angestellten, uns so haben wir diese um kreative Unterstützung gebeten. Am Ende, hat es sich als großer Vorteil erwiesen, direkt mit allen Beteiligten zusammen zu arbeiten und nicht auf Distanzen, Telefonate und E-Mail-Verkehr angewiesen zu sein. Bevor man wie üblich Stunden damit verbringt, anderen zu erklären, was man von ihnen erwartet, konnten wir diesmal sofort gemeinsam loslegen und das Ergebnis empfinde ich als äußerst beeindruckend.

? In vielen Interviews betont ihr, dass eine tiefverbundene Gangmentalität bandintern bei euch herrscht, welche für das ganze Projekt sehr wichtig ist. Jetzt versuche ich diesem magischen inneren Zirkel auf den Grund zu gehen…

(unterbricht) Ja, in dieser Band spielen meine besten Freunde, so einfach ist das. Eine tiefe, respektvolle Freundschaft zueinander ist uns allen wichtig, und ich denke, es spiegelt sich auch in der Art, wie die Leute unsere Band wahrnehmen wieder. Außerdem verfolgen wir musikalisch alle die gleiche Vision. Wir machen zwar eine sehr schwarze, sehr traurige und düstere Musik, aber im Alltag sind wir fröhliche Menschen, die viel Spaß im Leben haben. Wir trinken viel, feiern andauernd und befinden uns alle wirklich auf der gleichen Wellenlänge. Man könnte denken, dass dieses künstlerische Abbild, welches die Band vermittelt, stören würde, aber man muss tatsächlich zwischen uns ans als Menschen, der Kunst und der Musik, unserem Image, unseren Gesprächen und den Individuen, die wir im Alltag sind, unterscheiden.

? Ich schätze, eure Musik hat demnach die höchste Priorität in eurem Leben?

Absolut, mir ist unsere Musik selbstverständlich das Wichtigste, was ich im Leben besitze. Ich habe meine Karriere, bzw. meine Berufswahl immer im Zusammenhang mit der Musik gewählt. Ich schulde ihr alles und sie schuldet mir alles. Vielleicht wird eines Tages diese magische Flamme erloschen sein, aber momentan verliere ich noch keinen Gedanken darüber.

? In den letzten Jahren seid ihr mit CELESTE durch unzählige Städte und Regionen weltweit getourt. Kannst du mir einen Ort nennen, der euch mit seiner Aura oder Atmosphäre ganz besonders in den Bann gezogen hat? Und wirken sich kulturelle Einflüsse möglicherweise auch eure Musik aus?

Ich persönlich glaube nicht, dass die Arbeit von CELESTE durch die Städte, die wir besucht haben, beeinflusst worden ist, obwohl diese Entdeckungen menschlich sehr bereichernd für jeden von uns sind. Am meisten beeindruckt haben mich Moskau und Russland. Es gibt dort eine Leidenschaft für Subkulturen und Musik, die ich sonst nirgendwo in dieser Form vorgefunden habe. Unsere russischen Konzerte und Trips waren wirklich immer sehr bereichernd und elektrisierend zugleich.


? In einem Globetrotter-Reiseführer habe ich einmal das Zitat aufgeschnappt, dass man im Leben mit so vielen unterschiedlichen Menschen wie möglich sprechen muss, um Weisheit und Klarheit zu erlangen. Reflektierst du die Gespräche mit all den Menschen, denen ihr auf Tour begegnet? Glaubst du, dass durch den Prozess und die Unterhaltungen mit so vielen Menschen wie möglich eine Transformation in dir losgelöst wurde?

Sicherlich erweitern all diese Reisen unseren Horizont, aber Reisen in Zusammenhang mit einer Tour hat absolut nichts mit “in Urlaub fahren” zu tun, es ist 100-mal mehr bereichernd. Leider verhindert der Mangel an Freizeit während einer Tour, dass wir gewisse Erfahrungen und Kulturkreise vertiefen können, aber das Wenige was wir sehen können, ist sicher mehr wert als jeder Reiseführer. Klar, wir werden mit Kulturen konfrontiert, die sich ein wenig von der unseren unterscheiden. Wir entdecken andere Lebensarten, es ist offensichtlich, dass diese Erfahrungen aus mir einen anderen Menschen gemacht haben. Ich würde sogar sagen, einen besseren, einen offeneren Menschen. Das alles hat mir die Band ermöglicht und dafür bin ich dankbar.

? Können diese Begegnungen Veränderungen in euch auslösen?

Wir haben so viele positive Begegnungen. Wir begegnen beeindruckenden, individuellen und alternativen Menschen, die wir nach Jahren immer wieder gerne treffen. Manchmal benötigt es – trotz Sprachbarriere – nur ein oder zwei Worte, um zu spüren, dass man mit einer Person in eine besondere Verbindung getreten ist. Es ist schön auf diese Menschen zu treffen, sie geben mir Mut. Dennoch, trotz meines verbesserten Englischniveaus ist es oft frustrierend, dass Gespräche nicht authentisch möglich sind. Deshalb gefällt es uns auch, wenn wir zur Abwechslung mal in ein französisch sprechendes Land touren können,das erleichtert die Beziehung zueinander wesentlich.

In welcher Verbindung steht ihr nach all den Jahren mit eurer Heimatstadt Lyon? Seid ihr eher rastlose oder heimatverbundene Typen?

Zum Leben in Lyon kann ich nur sagen, dass die Lebensqualität dort wirklich sehr angenehm ist. Umso mehr Städte ich besuche, desto mehr genieße ich das uns bekannte Leben dort. Sicherlich kann man viele Elemente anderer Städte beneiden, aber im Allgemeinen finde ich in unserer Heimatstadt ein harmonisches Gleichgewicht. Es ist eben auch unsere Basis. Eben unsere Heimat.

? Viele Deutsche sind ernsthaft von der französischen Hardcore-, Screamo- und Metalszene und der Fülle an hochkarätigen Bands fasziniert. Magst du uns ein paar aktuelleProjekte und Bands aus Frankreich nennen, auf die wir ein besonderes Augenmerk legen sollten?

Das ist wirklich die tödliche aller Fragen. Ehrlich gesagt interessiere ich mich zu wenig für die französische Szene, um darüber zu diskutieren. Auch in die Szene von Lyon habe ich gegenwärtig keinen wirklichen Einblick. Ich würde an dieser Stelle nur Unsinn reden, also machen wir lieber weiter….

? Gut, welcher Musik fühlst du dich momentan persönlich verbunden?

(lacht) Zweite tödliche Frage. Ich höre sehr wenig Musik. Das letzte Album, das ich wirklich gemocht habe, ist das letzte Album von den DEFTONES.

? Wie wird es nach fünf wirklich extremen und intensiven Alben mit CELESTE weitergehen? Könnt ihr euch vorstellen, mal eine etwas ruhigere Platte zu schreiben, oder gar eine Unplugged-EP, wie beispielsweise die stimmungsvolle “Afterlife EP” von AMENRA?

Man sollte nie “nie” sagen. Aber ein “Unplugged-Album?” Nein, daran glaube ich keine Sekunde. Das passt nicht zu uns. Ich glaube auch nicht, dass wir große Veränderungen in der Zukunft machen werden. Wir arbeiten mit der Kontinuität, das ist unser Stilmittel und Trademark. Natürlich ist es herausfordernd, stets kreative neue Ideen zu finden, aber wir haben noch Jahre Zeit darüber nachzudenken. Die nächste Platte wird sicher wieder etwas länger benötigen, aber das ist kein Problem, wir haben es nicht mehr so eilig wie früher. Zurzeit ist es uns viel wichtiger, möglichst viele Konzerte zu spielen und von dem zu profitieren, was wir jetzt kreiert haben.

? Ob bei Fans oder bei Musikjournalisten. Viele sind der Meinung, dass ihr mit “MORTE(S) NEE(S)“ euer absolutes Opus Magnum geschaffen habt. Es ist wirklich erstaunlich, woher ihr all diese dunkle Energie in euch findet, diese zu kanalisieren und stets derart intensive Hassbrocken zu erschaffen. Ihr habt euch in eurer Bandkarriere mit wirklich hässlichen Themen wie Intrigen, Mord, Sadismus, Pädophilie, Misanthropie und totalem Nihilismus beschäftigt. Daher noch zwingend die Frage: Wie seht ihr die Gesellschaft und die Welt in der wir leben wirklich? Ist die menschliche Rasse vollkommen verloren, oder gibt es noch Hoffnung?

Ich bin überhaupt nicht optimistisch. Ich bin der Meinung, dass wir als zivilisierte Menschen in allen Aspekten nachlassen, sei es im Umgang mit andern oder unserer persönlichen Weltsicht. Ich glaube, dass unsere Generation traurig, apathisch und mittelmäßig ist. Unsere einzige Hoffnung besteht darin, dass die kommende Generation von unseren Fehlern lernt und uns dafür verachtet. Speziell das Internet wird es der neuen Generation erleichtern, neue Informationen, als die aus Fernsehen und Zeitungen zu bekommen. Sie werden sich mit Hilfe der virtuellen Welt hoffentlich noch besser bilden und weitere Horizonte für sich öffnen können.

? Das klingt wirklich extrem pessimistisch. Als Band habt ihr immerhin einen Kanal gefunden, der täglichen Tristesse zu entfliehen und euch in der Kunst auszuleben. Daher meine letzte Frage. Ist dir Kunst im Alltag wichtig?

(überlegt lange) Früher wollte ich “Les beaux Art“, (=Bildende Künste) studieren. Ich war für alle Kunstformen offen, sogar die schwersten unzugänglichsten haben mich fasziniert. Mit der Zeit bemerkte ich aber, dass ich immer weniger Gattungen und Kunstströmungen mag. Alles scheint gleich zu sein. Jeder kopiert jeden und das vergrault oder langweilt mich sehr. Im Leben gibt es so wenig echten Individualismus. Mit CELESTE können wir dem ganzen Trott zwar entfliehen, aber nein, ich würde sagen, CELESTE sind überlebensnotwendig für jeden von uns.

Johan, ich bedanke mich für das Interview.

Fotos: https://www.facebook.com/celesteband

(Dimitrios Charistes)

 

 

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