Jetzt aber mal den Rotwein beiseite legen, genug gekuschelt. Drei Jahre nach ihrem furiosen Überalbum „As The Valley Of Death Becomes Us, Our Silver Memories Fade“, hat sich die Welt noch immer kein Stück verbessert. Das hört man „Nations To Flames“ auch in jeder Note an. Ein überborderndes, böses und verdammt wütendes viertes Album schmettern uns die New Yorker A STORM OF LIGHT hier entgegen. Und wer seinen Sludge-Metal gerne griffiger und kompakter zusammen mit einem Molotov-Cocktail genießt, der wirft sich die Kapuze über, näht sich seinen vergilbten Anarchie-Patch aus EMP-Zeiten auf den Rucksack und gibt sich zur Abwechslung mal wieder kampfbereit. Apokalypse, wir kommen, es gibt einiges zu tun – und „Nations To Flames“ wird unser Soundtrack dafür.
Eine Meinung zu diesem vielschichtigen Post-Metal-Epos bedarf einiger Hördurchgänge: zu viele Details, zu viel Gebolze, zu viel Experimente und undurchsichtige Sprachsamples. Dann aber, nach den ersten vier Hördurchgängen, lassen sich herauskristallisierende METALLICA-Gedächtnis-Riffs, BAD BRAINS-Attitüden und die obligatorische NEUROSIS-Dampfwalze erkennen. Wir erinnern uns zurück, Gitarrist, Keyboarder und Shouter Josh Graham war schließlich 20 Jahre lang Haus- und Hof-Künstler, bzw. Visual Artist, bei der Sludge-Institution. Mit A STORM OF LIGHT gibt er seitdem mit seinem eigenen Projekt den Gesetzlosen, Unterdrückten und Outlaws eines sich selbst denunzierenden Amerikas eine Stimme. Dass sein heftig-klingender Keifgesang nach wie vor an Scott Kelly erinnert, geschenkt. Das Genre ist schließlich nicht für zwingende Innovationen bekannt.
Im direkten Vergleich zum Vorgänger ist das neue A STORM OF LIGHT-Album tatsächlich kompakter und songfokussierter gehalten, Stücke unter fünf Minuten sind schließlich noch immer eine Seltenheit des Genres. Auch die deutliche Fokussierung auf den Schlagzeugsound lässt ein stimmiges und rhythmusbetontes Trademark erkennen, stechen vor allem die Perkussion-Elemente ala SLIPKNOT in Stücken wie „Disintegrate“ oder der instrumentalen, diabolischen Endzeithymne „The Year Is Gone“ hevor. Dass sich langsam-aufbauende Riff-Monster „The Fire Sermon“ erinnert in Songwriting gar an die belgischen Sludge-Götter AMENRA. Die Grundzutaten bleiben die Gleichen, verzerrte Bässe, doomig-gespielte Death-Metal-Gitarren und Todesästhetik. Die bandinterne Neuausrichtung ist anno 2013 eher konzeptionell bzw. im Lyrischen zu finden.
Denn „Nations To Flames“ ist eine offensive Kampfansage an Regierungen, Nationen und Weltreligionen und findet in seinen düsteren Visionen und Prophezeiungen kein Mitgefühl am Niedergang dieses Planeten. Dementsprechend hart und brutal geht es auch textlich zu. „Für den Verfall der menschlichen Rasse, gibt es keine Entschuldigung„, lässt sich Graham im Presstext zitieren. Im Ascheregen finden sich nun mal keine Farben und Schmetterlinge. Das Ziel: pure Vernichtung und Ausrottung. Das tut weh, das muss es leider auch.
Wem CULT OF LUNA zu soft, THE OCEAN mittlerweile zu verkopft und NEUROSIS zu ausufernd sind, macht beim Kauf der neuen A STORM OF LIGHT nichts falsch. Dennoch sollte der Konsum dieser Platte nicht stillschweigend der „Heavy Unterhaltung“ geschuldet sein, dann wäre das Album ein einziger Fehlkauf. Hier wird nicht plakativ angeprangert, hier wird in jeder Note daran erinnert, in welch beschissener Lage diese Welt zugrunde geht – und es liegt an jedem selbst, seinen Beitrag dafür zu leisten, dieses wundervolle Leben und diesen schönen Planeten zu erhalten. Veränderung fängt im Kopf an. Zum Nichtdenken ist diese Platte nicht geeignet, sie erfordert Interaktion! Und in einigen gesellschaftlichen Schichten: längst verlorene Empathie.
(Dimitrios Charistes)
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