Peter Andersons Charakter ist vielseitig. So vielseitig, dass er seine künstlerischen Charakteristika in neun verschiedenen Projekten zum Ausdruck bringt. Mit Raison d’être konzentriert er sich auf die dunklen Seiten der Seele und widmet sich in andächtigen Kompositionen den stimmungsvollen Gefilden des Dark Ambient. „Enthralled by The Wind Of Loneliness“ enthält elf Schaffenswerke, die zwischen 1993 und 1994 komponiert wurden. Nur das Stück „Maze Shrine“ ist aus dem Jahr 2002 und stammt ursprünglich von der „Lost Fragments“-Doppel-CD. Für eine weitere thematische Zusammenstellung nach „Collected Works (2012)“ wurden alle Tracks neu aufgenommen und gemastert. Alle, die sich für die Frühphase von Andersons Werk interessieren, dürfen hier bedingungslos zugreifen. Warum gibt es auf Friedhöfen nicht genau diese Hintergrundbeschallung zu hören? Denn exakt dafür ist sie prädestiniert.
Der Schwede gilt als Multitalent, vielbeschäftigt und eigensinniger Workaholic. Kein Wunder, bringt er doch fast im Monatsrhythmus neue Releases an den geneigten Genrefan. „Enthralled by the Wind Of Loneliness“ ist eine dieser Ambient-Scheiben, die auch als klassische Denovali-Veröffentlichung durchgehen könnte. Traurige, melancholische, in sich gekehrte Laptop- und Elektroniktüfteleien für den depressiven Offday und die Zeit mit sich allein und der Schere im Bett. Fast schon tiefenpsychologisch ist das. Musikalisch erinnert mich das stark an seinen griechischen Seelenverwandten SUBHEIM, der ebenso nur virtuelle Elektronik und Percussions benötigt, um diese wunderschöne mystische Welt gedeihen zu lassen. Oder auch BLACKFILM. Oder WORRIED ABOUT SATAN. Schluss jetzt, genug Namedropping.
Andersons Musik ist für die Träumer unter uns. Für diese, die für eine Stunde ihren Alltag bei Seite legen wollen, die Augen schließen und bereit sind zuzuhören. Charakteristisch für die Welt von Raison d’être ist die sakrale Grundstimmung, die auch Kirchenchöre und gregorianische Mönchsgesänge in die Stücke integriert. Ob Drone-Passage, Industrial oder Downtempo. Anderson kennt seine Subkultur und beherrscht seine Kunst im Schlaf. Anderseits ist die Musik, die er mit Raison d’être erschafft, ganz allein für ihn gedacht. Sie dient ihm als Reinigung und als Selbstfindungsprozess.
Seinem Stil ist er über die Jahre hinweg immer treu geblieben. Auch aktuellere Alben, wie „Requiem for Abandoned Souls“ oder „The Stains Of The Embodied Sacrife“ zeichnen sich durch diese untröstliche Dunkelheit und Tiefe aus. Selbstverständlich genießt man diese düsteren Stimmungsteppiche im Halbrausch, Kopfhörern und Kerzenschein. Oder eben klassisch, beim Spaziergang durch den Friedhof.
Abschließendes Urteil: Redundant, aber für Käufer und Unterstützer eine bedeutungsvolle Zusammenstellung und Soundtrack für Nächte voll tiefgründiger Gespräche.
(Dimitrios Charistes)
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