Passend zum verregneten Frühling zieht auch am musikalischen Horizont die eine oder andere Wolke auf, während die Erde sich in Maliziöses verkündenden Bodennebel hüllt. Was ASCETIC auf „Self Initiation“ aus dem Dunkel der urbanen Nacht beschwören, wäre in den Achtzigern wohl unter dem Label „Gothic Rock“ eingeordnet worden, und zwar gemeinsam mit jenen Bands härterer Gangart, die sich (statt auf Keyboard-Klangteppiche) dem Primat von Gitarre, Bass und Drums verschrieben haben und außer traurig sein auch noch straight rocken wollen. Ein akustisches Highlight: Der Sänger mit seiner tiefen, pathosfreien Stimme jenseits aller hoffnungsvollen Illusionen klingt, als wäre er vor Bandgründung pflichtgemäß gestorben und gerade erst wieder aus dem Grab erstanden – wobei das mit Blick aufs gewählte Genre unbedingt als Kompliment zu werten ist.
Mit ASCETIC hört man eine Band, die ihre Hausaufgaben gemacht hat, um das Fach „Gothic Rock“ mit Auszeichnung abzuschließen. Bereits nach den ersten Tönen sind die Referenzen klar, die hier im Spiel sind, aber genau das ist wohl intendiert: Was auf „Self Initiation“ dargeboten wird, soll bewusst an BAUHAUS, JOY DIVISION, „Pornography“ von THE CURE und wie sie alle heißen erinnern – macht nichts, denn ASCETIC haben diese Retro-Variante gut genug drauf, um sich souverän durch ein Album voller knochentrockener, knochenrasselnder Songs mit bratzigen Gitarren, kargen Basslinien und geradlinigem Getrommel zu spielen, ohne dass es peinlich wird – Retro ist ja immer so ´ne Sache; für ASCETIC aber kein Problem. Was für andere Bands zur peinlichen Nacht der lebenden Toten geriete, wird für die hier besprochene Band zur Resurrection eines Genres.
Gelobt werden soll an dieser Stelle noch einmal der Mann am Mikro – obwohl seine Stimme das Düsterspektrum des Gothic nie verlässt, erweist sie sich doch als wandelbar genug, den jeweiligen Titeln individuelle Nuancen zu geben, von samtweich wie Sargtuch bis Drogenopfer am Bordsteinrand ist jede dunkle Stimmlage vertreten. Wer hat da bloß illegal einen Zwitter aus DAVE GAHAN, IAN CURTIS, ROBERT SMITH und NICK CAVE geklont? Egal, auf das Ergebnis kommt es schließlich an. Auch das Songwriting kann sich hören lassen: Die Jungs brauchen auf der Bühne bestimmt weder Trockeneis zum Nebelmachen, noch Fledermäuse zum Kopfabbeißen, denn die Musik allein kann durchaus ein ganzes Konzert tragen. Letztlich ist „Self Initiation“ sowas wie Gothic Rock der ersten Stunde für Goths and Friends von heute – atmosphärische Genre-Musik vom Feinsten, die gar nichts anderes sein will und genau das verdammt gut hinkriegt.
(M.Reitzenstein)
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