Was passiert, wenn man ein Mitglied der KONSTRUKTIVISTS und den früheren Sänger von OPPENHEIMER ANALYSIS in einem Studio einsperrt? OPPENHEIMER MK II. Dabei ist die Zusammenarbeit zwischen beiden Künstlern alles andere als selbstverständlich. Ein Gespräch mit Andy Oppenheimer (AO) und Mahk Rumbae (MR) über Musikerliebe auf den ersten Blick, ewiggestrige Musikfanatiker und was Terrorismusbekämpfung mit ihrem Debütalbum „The Presence of the Abnormal“ zu tun hat.
? Andy, dein neues Projekt heißt OPPENHEIMER MK II. Haben wir es hier mit OPPENHEIMER ANALYSIS 2.0 zu tun?
AO: Nein, ganz definitiv nicht! Ich habe ja mit OPPENHEIMER ANALYSIS vor 25 Jahren aufgehört! Mit Mahk habe ich als komplett neue Band angefangen, nachdem ich zwei Jahre vorher schon mit anderen Musikern wieder Projekte begonnen habe [z.B. TOUCHING THE VOID]. OPPENHEIMER MKII verwendet modernes Equipment, keine alten analogen Synths. Wir wollen, dass unsere Musik zeitgemäß und frisch klingt, so viele Leute heutzutage hängen komplett in den Achtziger Jahren und lehnen alles, was auch nur im Geringsten kommerziell ist, ab. Ich bin so froh, dass Mahk bereit war, moderne Musik zu machen. Witzigerweise hat viel von den alten Sachen heute eine größere Fanbase als damals, das liegt an der Verbreitung über das Internet. Vieles wird auch als Subgenre elektronischer Musik gesehen, es hat sich da eine ganz eigene Szene entwickelt.
? Wofür steht OPPENHEIMER MKII denn dann, den neuesten Kampfroboter der Marke Oppenheimer?
AO: „Oppenheimer MKII“ ist mein Name und der von Mahk. [MK steht für Mark] Es klingt tatsächlich ein wenig nach militärischem Markennamen. Ich finde, es klingt auch sehr dynamisch.
? Andy war bis zu einer kleinen OPPENHEIMER ANALYSIS Reunion-Tour 2005 musikalisch inaktiv. Ihr beiden habt euch erst vor relativ kurzer Zeit kennengelernt und OPPENHEIMER MKII gegründet. Diesen Monat erscheint euer Debütalbum „The Presence of the Abnormal“ bei Klanggalerie. Das ging schnell. Wie kam es dazu?
AO: Als Sänger kann ich zwar schreiben und singen, aber ich kann alleine keine Musik produzieren. Walter Robotka [Klanggalerie] hat mich nach Wien eingeladen und mich Mahk vorgestellt. Mahk war daran interessiert, Songs mit mir zu schreiben. Es kamen ständig großartige Lieder von ihm rüber und habe begonnen, die Vocals zu schreiben. Ich habe bald erkannt, dass er ein phantastischer Produzent ist und Interesse daran hatte, etwas Poplastigeres auszuprobieren. Wir spielten dann gemeinsam im bekannten Rhiz Club in Wien, wo wir auch schon ein paar neue Songs ausprobierten, bevor sie überhaupt fertig waren. Ein paar Monate später kam ich ein zweites Mal nach Wien, und dort haben wir dann in Mahks Studio die 12 Songs für unser Debut-Album fertiggemacht. Ich glaube, Mahk war selber überrascht, wie unglaublich talentiert er darin ist, Pop Songs zu schreiben!
MR: Ja, ich habe nie zuvor einen richtigen Song geschrieben, habe aber auf Walters Anregung ein paar Demos gemacht und sie Andy geschickt. Andy mochte sie von Anfang an. Wir kannten die Arbeit des anderen zuvor überhaupt nicht, aber unsere musikalischen Geschmäcker treffen sich oft, besonders bei Popmusik der Sechziger, JOE MEEK, PHIL SPECTOR, HUMAN LEAGUE und SOFT CELL.
? Apropos Pop. Synthpop-Lyrik klingt ja in aller Regel weit weniger militaristisch als das, was ihr auf „The Presence of the Abnormal“ von euch gebt…
AO: Oje, wie lange habe ich Zeit? Also, vieles das ich schreibe ist inspiriert von Dingen, die ich erlebe. Ich arbeite im Zivilberuf im Bereich der Terrorismusbekämpfung, und was ich dort erlebe, wird durch einen Popsongfilter gedreht und endet dann als Songtext. Der Titel des Albums selbst, „The Presence of the Abnormal“ ist ein gutes Beispiel. Er bedeutet eine Situation, in der der Verdacht entsteht, dass eine terroristische Aktion unmittelbar bevorsteht. Aber Leute, die unsere Songs hören, können auch ihre eigenen Interpretationen machen, oder einfach nur den Sound genießen. Die leichteren Nummern auf dem Album sind von SOFT CELL inspirierte Love/Dance-Elektronummern. In manchen geht es um unerwiderte Liebe oder auch Heldenverehrung. „Nobody Ever Says Thank You“ basiert auf der Autobiografie eines bekannten britischen Fußballtrainers, aber man kann das Lied einfach auch als Enttäuschung in einer Beziehung verstehen. „On Brighton Pier“ sticht ein wenig aus dem Album heraus, denn es geht um die Kindheitserinnerungen eines Kriegshelden, der einen Ausflug nach Brighton beschreibt. Mahks Musik lässt mich immer an mein Haus am Meer dort denken. In der zweiten Hälfte wird es düsterer. In „Adrenaline Rush“ geht es um einen Typen mit posttraumatischen Stresssymptomen. Corina Cinkl von der österreichischen Band SUICIDE POTION singt hier die Background-Vocals. „Action Man“ handelt von einem James Bond-mäßigen Typen. „Being a Target“ handelt wieder vom Krieg. Der letzte Song, „Another Nightmare“ ist vielleicht der düsterste: ein Hilfeschrei eines Kriegsveteranen, der schlaflos seinen Erinnerungen nachhängt.
? In den letzten Jahren jagt eine Retro-Welle die nächste. Verfolgt ihr die aktuellen Entwicklungen im Synthpop-Sektor überhaupt?
MR: Bevor ich mit Andy zu arbeiten begonnen habe, hatte ich keine Ahnung, dass Minimal Wave wieder voll im Trend liegt. Ich war immer ein Fan frühen Synthpops, FAD GADGET, VICE VERSA und so. Seit ich selber solche Musik mache, höre ich auch viel mehr, was andere Leute tun.
AO: Bei mir ist es anders. Ich höre so was eigentlich nur ein bisschen über Facebook, oder wenn ich mit anderen Leuten zusammenarbeite. Ehrlich gesagt, habe ich zu viel Stress mit meinem Brotberuf, weil ich ständig zu Konferenzen und Meetings reise. Aber an sich interessiert mich Popmusik viel mehr als irgendwelche Subgenres. Es ist mir zwar immer wieder peinlich, von dem einen oder anderen Act noch nie gehört zu haben, aber für jemanden wie mich ist es gar nicht so leicht, immer up-to-date zu bleiben.
? „The Presence of the Abnormal“ erscheint am 23. März. Ist OPPENHEIMER MKII eine einmalige Liaison oder gibt es Pläne für danach?
MR: Hoffentlich eine Vinylsingle.
AO: Ich tue mir mit der Frage schwer, weil ich oft nicht mal weiß, was ich nächste Woche machen werde! Ich denke eigentlich nie strategisch, sondern reagiere spontan auf Situationen, die mir begegnen. Wir werden einmal sehen, wie das erste Album läuft. Es ist ja auch als Download erhältlich. Vielleicht werden wir heuer an neuen Songs arbeiten, an unserem zweiten Album. Ich weiß, dass er schon eine riesige Menge Songs in der Schublade für mich hat!
(Andreas Plöger/ Walter Robotka)
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