HERBST IN PEKING – Ex Oriente Lux 1987-2012 (CD-R)

HERBST IN PEKING waren gegen Ende der DDR eine der vielen sogenannten „die anderen Bands“, was bei genauerer Betrachtung aber auch wieder revidiert werden muss, denn HIP waren andere (sic!). 1987 gegründet, im April 1988 lief der erste Song „Bagdad Bahn“ bei DT64 im „Parocktikum“ über den Sender, im Juli 1989 Verbot der Band nach einer öffentlichen Schweigeminute für die Opfer des Tiananmen-Platz-Masakers, kurz nach dem Mauerfall erste Single bzw. sogenannter Wendehit namens „Bakschischrepublik“ und das Debüt-Album „To Be Hip“ war dann kurioserweise eine Live-Platte. Das sind kurz und knapp die Eckdaten, denen ich aber einige stark persönlich gefärbte Erinnerungen anfügen möchte. HERBST IN PEKING wurden nicht geliebt (von uns jungen Wilden), denn erstens galten sie als arrogant, zweitens beriefen sie sich auf Vorbilder wie THE DOORS und THE VELVET UNDERGROUND bzw. webten bulgarische Folklore mit ein (Scheiß Hippies) und drittens waren sie immer dann zur Stelle, wenn ein Konzert von DIE FIRMA, KALTFRONT oder DIE SKEPTIKER ausfiel! Was haben wir diese Combo mit ihrem langhaarigen Sänger Rex Joswig gehasst, der aber insgeheim eine verdammt gute Stimme hatte und die Band ihre Instrumente sogar beherrschte. Nach der Wende erlitt ihr großkotzig gestartetes Label Peking Records dann schnell Schiffbruch und die Band verschwand völlig von meinem Radar. Durch Zufall stieß ich über einen Bekannten Ende der 90er wieder auf HERBST IN PEKING, die irgendwie immer noch sporadisch aktiv waren und einige Tonträger veröffentlicht hatten. Musikalisch hatte sich da einiges getan bzw. man war spürbar elektronischer geworden, huldigte dem Dub & der Poesie und schnell war ich der sonoren Stimme von Rex Joswig verfallen. Geradezu fanatisch holte ich verpasstes nach und begleitete das sich stetig wandelnde Projekt ab da zeitnah mit. Zwar waren das ewige Auf und Ab im Bandgefüge mitunter verwirrend, aber bescherte letztendlich meist immer magische Momente bei den seltenen Live-Auftritten von HERBST IN PEKING. Längst überfällig war dann eine Best Of der Band und es ist schon eine Schande, dass diese jetzt endlich in Form einer recht schlicht aufgemachten, aber professionell gefertigten CD-R erscheinen muss. Die darauf enthaltene Tonkunst macht dieses materielle Manko aber schnell vergessen, denn die CD fängt großartige Momente der langen Band-Geschichte ein und hält sie fest. Neben bekannten Highlights wie „Backschischrepublik“, „Movie Stops Tomorrow“ oder „Jesus war so cool“, gibt es unter den insgesamt 16 Tracks auch einige Raritäten zu entdecken. So beginnt die CD zum Beispiel mit dem namensgebenden wie herrlich flirrend-perlenden „Herbst in Peking“-Instrumental-Stück von der ersten Demo-Kassette und „Der letzte Walzer“ (eingespielt im Berliner Planetarium) von 1987 war bisher sogar unveröffentlicht. Des weiteren dürfte der „Mecklenburg Kowboy“ von der stark limitierten Mini-CD „Amnestie für Mecklenburg“ sehr rar sein und die Neueinspielung des legendär-hypnotischen „Shame“-Mantras, so wie der ganz neue Song „Dunkler Shanty“ lassen „Ex Oriente Lux“ stimmungsvoll ausklingen. Zwar gäbe es darüber hinaus noch so einige Songs, die hier mit drauf gehört hätten, aber mit 79 Minuten ist die Spielzeit des Tonträgers schon mehr als ausgereizt. Flankiert wird diese Best Of durch zwei ergänzende EP-CDs, die zum einen drei Versionen von „German Fool“ (King Size Dub, Nosferatu Rmx und THE HIDDEN SEA Version) + das herrlich traurige „St. Alzheim“ bzw. zum anderen drei Versionen von „Shame“ (The Second Coming, Instrumental und Live 1992) + Videoclip bieten. Erhältlich sind die CDs über die Homepage von Peking Records und so wie es scheint, nehmen HERBST IN PEKING gerade erst wieder so richtig Fahrt auf und sollte es wirklich ein neues Album geben, werdet Ihr darüber auf diesen Seiten auf jeden Fall mehr lesen können – versprochen! (Marco Fiebag)

Format: CD-R
Vertrieb: Peking Records / Moloko+
 

Stichworte:
, , , , , , , , , , , , , , ,