Wer ist überhaupt JOHN MAUS? Der Name allein klang für mich nach einem Allerwelts-Beamten im zehnten Stock irgendeiner Versicherungsagentur. Aber mitnichten, dem ist beileibe keineswegs so. JOHN MAUS – der Popavangardist aus Minnesota hat bereits mit 11 Jahren angefangen Musik zu machen, daraufhin dann Musik studiert, dazu produziert und komponiert er seit einigen Jahren Avantgarde Musik der fast rein elektronischen Art, die aber sehr experimentell daherkommt. Seine ersten Erfahrungen als Musiker machte er dann als Keyboarder bei PANDA BEAR und ARIEL PARK und nun erscheint eine Art Werkschau seiner Synthpop /LoFi/ Avantgarde Sounds von Damals bis ins Heute hinein. Schon seine Platte aus 2011 mit dem holden Namen „We must become the Pitiless Censors“ war in Sachen Text und Musik ein sehr polarisierendes Album, denn mit Songs wie „Copkiller“ und dem Aufruf zum massenhaften Lynchmord an Cops, stellt man sich als Musiker schon fast in künstlerische Abseits – es sein denn man ist in der Rapgemeinde beheimatet! Zudem halten viele Leute JOHN MAUS für einen durchgeknallten Psychopaten oder auch eine Persönlichkeit, der seine Neigungen hemmungslos auslebt, da er einerseits auf der Live-Bühne eine fast so abgedrehte Performance mit Selbstmalträtierung wie dereinst IGGY POP präsentiert, aber auf der anderen Seite nebenberuflich als Dozent für politische Philosophie an einer hawaiianischen Universität arbeitet.
Die subversiven Synthesizer Klänge seiner Alben sind irgendwo in der frühpupertären Phase der 80er Sounds verblieben, mit perlenden, polyfonen Beats aus YAZOO oder HUMAN LEAGUE-Platten, die Musik selbst klingt eigentlich fast zu simpel und harmonisch, billig für so ein Gehirnakrobaten wie JOHN MAUS, meint man jedenfalls beim ersten Hören, sie üben aber in ihrer Zusammensetzung eine irre Faszination auf die Gehörgänge aus. Die dunklen, mystischen und geisterhaften, kalten Synthklänge, verbunden mit Bass getriebenen Punk und rauschenden Elektropop könnten auch von JOY DIVISON, SUICIDE mit ALAN VEGA oder FRANK TOVEY stammen. Wiederum funktioniert die Fusion von in Hall getränkten Mollsounds und mit verfremdet angereicherten Gregorianischen Chören perfekt, im fulminanten Klangkosmos von JOHN MAUS ist alles erlaubt und es gibt musiktechnisch nichts, was es nicht gibt. Gesanglich gibt es vom weit entfernt klingenden und tiefen Baritongesang bis über KLAUS NOMI ähnliche Stimmen zu entdecken, manchmal meint man sogar einen DAVID BOWIE, GAVIN FRIDAY oder PAUL HAIG herauszuhören, die geraunten und teils genuschelten Textfragmente selber werden ab und zu mit Zitaten von Händel und Webern garniert.
Die Best of Platte setzt sich nun wie folgt zusammen: Fünf Tracks erschienen auf diversen Compilations, Neun Tracks waren als Download Alben auf der Homepage von MAUS als Demos 2011 erhältlich und zwei Titel sind wirkliche Raritäten : „Angel of the Night“ und „Lost“ wurden bis Dato noch nicht veröffentlicht. Das schönste Stück „Castles in the Grave“ wäre übrigens in einer gerechten Welt sicherlich ein Überhit geworden, in der real existierenden leider nicht, aber hier teilt MAUS das Schicksal vieler Undergroundprotagonisten. Für Neueinsteiger in die Musikwelt von MAUS funktioniert die Raritätensammlung durchaus, kann für meinen Geschmack aber nur als Ganzes, als reine Symbiose genossen werden. Ich jedenfalls freue mich schon auf die angekündigte neue Veröffentlichung im nächsten Jahr und bin darauf – bei den grandiosen Veröffentlichungen bisher – mehr als gespannt.
(S.Ericksen)
Format: CD |