LOST IN DESIRE – ein Name der so einiges und vieles versprechen sollte, vor allem wenn man die Klänge und Sounds von Stephan Sutor – Mastermind und Frontmann der Gruppe – zu Gehör bekommt. Für mich klingt die Musik sehr stark nach meinen heißgeliebten 80s, also einem Mix aus Goth Rock – verbunden mit einem großen Anteil – Dark Wave und einer äußerst markanten Stimme von Stephan Sutor. Bei der rein optischen Darstellung der Band musste ich sofort an die finnischen Goth Rocker von HIM denken und auch musikalisch findet man ab und zu etwas von Ville Valo und Co. bei LOST IN DESIRE wieder. Nach bisher zwei Fulltime-Veröffentlichungen ist dieses Jahr eine neue Single erschienen. Das sollte für uns Anlass genug sein, ein paar Worte mit Stephan zu wechseln.
? Hi Stephan, bitte skizziere für unsere Leser den Einstieg in die Musikszene von LOST IN DESIRE, welche Motive haben zur Gründung deines Projektes geführt und welche Bedeutung verbirgt sich hinter dem wohlklingenden Bandnamen?
Das Verlangen das in die Welt hinauszuschreien, was uns Tag für Tag dazu bringt aufzustehen, einen neuen Tag zu bestreiten. Die unendliche Leidenschaft. Das unendliche Verlangen. Nomen est Omen: Lost in Desire. Verloren im Verlangen, in der Sehnsucht.
? In welcher Beziehung stehen Texte und Musik bei dir, wie zum Beispiel auf der neuen Single „Coming Home“?
In jedem Text wird, denke ich, persönlich Erlebtes, real oder fiktiv, verarbeitet – bewusst oder auch unbewusst. Ich arbeite bei meinen Texten sehr gerne mit Wortbildern, Stimmungen und Gefühlssituationen. Nur selten erzähle ich kohärente oder klare Geschichten. Das wirkt für mich oft plump. Ich mag Lyrik bei der noch Platz für die Gedanken des Lesers bzw. des Hörers ist und die mir nicht alles bis zum letzten Beistrich vorgibt. Das nicht-Gesagte ist wichtiger als das Gesagte. Ein Schauplatz, ein Rahmen, ein Anstoß. Manchmal zart und zaghaft, manchmal mit gewaltsamer Brutalität. Letztendlich geht es darum in den Bann zu ziehen, emotional zu berühren, träumen und fühlen zu lassen.
? Wer ist bei LOST IN DESIRE für die künstlerische Gestaltung der CDs zuständig?
Die Artworks stammen auch größtenteils aus meiner Feder, hier kommt mir zugute, dass ich mir mein Taschengeld während meiner Studienzeit als Grafiker verdient habe. Beim Finalisieren habe ich dann professionelle Unterstützung von meinem langjährigen Music-Partner-in-Crime Wojtek Grzymala bekommen, der nicht nur die grandiosen Silicon Brothers Remixe für LiD gemacht hat, sondern seinen Lebensunterhalt als Creative Director bei einer Werbeagentur verdient und mich viele Stunden und wenn es sein muss auch nächtelang unterstützt. Beim “Coming Home“-Cover handelt es sich um eine Aufnahme aus dem dazugehörigen Video. Die grandiose Kulisse ist die Toilette im Viper Room in Wien, eine großartige Partylocation, wo wir schon mehrere Konzerte gespielt haben. Gerade hier möchte ich ein besonderes Dankeschön an das mittlerweile schon praktisch zur LiD Familie gehörende Videoteam Joanna, Bernie & Chris aussprechen, die schon fieberhaft am Konzept für den nächsten Streich arbeiten: Das Video zu unterer kommenden Single „Zero“.
? Was kannst du uns über deine musikalischen Einflüsse und Inspirationen sagen?
Schlafentzug, Bordeaux und Hemmungslosigkeit.
? Wie läuft bei LOST IN DESIRE die Studioarbeit ab und wirst du auch deutschsprachige Tracks veröffentlichen?
Derzeit ist es so, dass Demos für neue Songs in gemeinsamen Sessions entstehen. Erst im Herbst haben wir uns mit einem Haufen Gitarren, Keyboards und einem Drumcomputer in ein Ferienhaus zurückgezogen und eine Woche lang nur gejammt und neue Ideen entwickelt. Daraus sind auch schon wieder drei neue Songs entstanden. Oft ist es aber auch so, dass ich in der einen oder anderen schlaflosen Nacht Ideen habe, die ich dann sofort aufnehmen muss. Da gibt es kein Einschlafen, sonst ist die Idee weg.
? Gibt es schon Nebenprojekte, die erwähnenswert wären?
Es gibt die Idee, das Projekt von mir und Wojtek Grzymala, die Silicon Brothers, nicht nur als Remix Label (da es ja auch schon 3 LiD Mixe von Wojtek gibt), sondern auch als eigenes Projekt mit eigenen Songs wiederzubeleben. Das Resultat wird dann auf jeden Fall elektronisch tanzbar. Wann es soweit sein wird und wie es sich genau anhören wird, kann ich allerdings noch nicht genau sagen.
? Hast du schon mal einen Coversong für einen Tributesampler erstellt, und wäre eine Unplugged-Session mal ein Thema?
Eine Unplugged-Session haben wir gerade bestritten, und zwar in einem kleinen intimen ausverkauften Theater, komplett unverstärkt, 100% akustisch. Das war eine ganz besondere Erfahrung, solch eine Gänsehautstimmung habe ich zuvor noch nie erlebt. Coversongs bauen wir regelmäßig in unsere Live Sets ein, haben diese aber noch nie aufgenommen.
? Siehst du dich irgendeiner Szene zugehörig oder/ und woher kommen deine Fans?
Ich selbst verweigere mich in irgendwelche Schubladen eingeordnet zu werden. Individualismus war mir immer schon sehr wichtig. Privat bin ich sehr viel in der schwarzen Szene unterwegs, aber auch genauso mal auf einer Dn`B oder Indie Party. Ich denke, dass es mit unseren Fans ähnlich ist. Da ist viel Schwarz dabei, aber auch etwas Bunt daruntergemischt.
? Was sagst du zum Thema – Alternative Musik bei Radioeinsätzen – was im deutschen Formatradio so gut wie gar nicht stattfindet? Wie ist das in Österreich, spielt man dich dort?
Das ist und war immer schon ein schwieriges Thema, vor allem weil hierzulande der Mainstream so überaus dominant ist, wo wenige Sender mehr als 80% Hörer haben. Das ist nicht überall so, zum Beispiel in den USA, wo die Medienlandschaft viel fragmentierter ist. Zu deiner Frage, ob ich im Formatradio gespielt werde, dann ist die Antwort ganz einfach: Wenn ich etwas produziere, dass ins Format passt, ja. Wenn ich mich, wie mit LOST IN DESIRE, bewusst für den alternativen Weg entscheide, dann eher nein, maximal in Sondersendungen oder spät nachts. Das ändert sich aber dann sobald eine alternative Band so groß geworden ist, so dass auch das Formatradio nicht daran vorbeikommt. Siehe PLACEBO oder auch BILLY TALENT, um Beispiele zu nennen.
? Ist es noch nötig in diesen medialen Zeiten zu einer Single auch gleichzeitig ein Video zu erstellen?
Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtiger denn je ein Video zur Single zu haben, am besten zu jedem Song, wenn das finanziell möglich ist. Der visuelle Eindruck ist im ersten Schritt oft genauso wichtig wie der Song selbst.
? Wie stehst du zum Thema CD-Piraterie? Ist es für dich legitim oder eher nicht? Und was hältst du im Zusammenhang von der These, dass es für kleine Gruppen ein Multiplikator sein könnte, um deren unbekannte Nischenmusik überhaupt erst bekannt zu machen, bei den vielen Neuerscheinungen jeden Monat? Was dürfte deiner Meinung nach eine neue Fulltime-CD heutzutage noch kosten?
Wenn dir Fans begeistert nach dem Konzert ohne den Hauch eines schlechten Gewissens ins Gesicht sagen, dass sie doch längst den Torrent zu deinem Album gesaugt haben, was soll man dazu noch sagen außer get some f* respect! Wenn du mich fragt was sie „noch“ kosten darf impliziert das fast, dass sie weniger kosten sollte als sie es einmal hat. Ich denke, jeder, der wirklich weiß, welch immenser Aufwand, welches Herzblut und investiertes Geld in einer Albumproduktion steckt, würde nicht auf die Idee kommen, dass der Preis von drei Bier oder einem Cocktail zu viel sind. Aber natürlich ist das auch meine persönliche Sicht. Natürlich sind wir als Musiker auch gefordert Fans an diesem Prozess verstärkt teilhaben zu lassen, um auch diese Wertschätzung zu generieren. Ich finde ja, jeder sollte seiner Musik einen beliebigen Preis geben können und der Hörer oder Kunde kann dann entscheiden, ob ihm es das wert ist oder nicht. Das wäre mal spannend. Natürlich ist mir auch klar, dass aufgrund der unterschiedlichen Kaufkraft weltweit nicht alle Länder und Regionen hier über den gleichen Kamm zu scheren sind. Derzeit sehen wir uns als Musiker mit einer Flut von halb- bis vollkommen illegalen gratis Angeboten konfrontiert, mit denen im Vergleich jeder Preis zu hoch ist. Das verzerrt jeden möglichen Wettbewerb und tötet vor allem die kleinen Indies. Ich weiß, das wollen viele nicht hören, aber es ist die bittere Wahrheit. Ich hoffe sehr, nicht nur immer Sinne aller Musiker, sondern im Sinne unserer gesamten Gesellschaft, dass hier wieder ein Wertewandel stattfindet, der eine nachhaltig florierende kunstschaffende Szene ermöglicht. Auch glaube ich nicht an den Effekt, dass auf Grund der Piraterie neue Hörer gewonnen werden können. Was nichts kostet, ist nichts wert – ein alter Spruch aber doch treffend.
? Wie viele Liveauftritte hast du schon absolviert und wo trittst du am liebsten auf?
Irgendwo im dreistelligen Bereich, schätze ich. Mit LiD waren es bisher um die 30, aber das war erst der Anfang! Wo ich immer wieder gerne auftrete, ist das Cabaret Fledermaus in Wien, ganz im Charme eines 20er Jahre Cabarets, wo wir unser erstes Album präsentiert haben und auch unsere nächste Single präsentieren werden. Richtig cool war es auch einmal am Overdose in Salzburg, in einem ehemaligen Luftschutzbunker – das war schon was. Derzeit bewegen wir uns immer öfter in Richtung Deutschland, in diesem Jahr sind wir noch zweimal in Berlin.
? Was sind deine All Time Favourites in den heimatlichen Plattenregalen, was war die erste und letzte Scheibe, die du gekauft hast?
Die letzte Scheibe, die ich mir im Laden gekauft habe, war das neue Album der SMASHING PUMPKINS “Oceania“. Eine grandiose Scheibe! All time favourites, das ist immer schwierig. Spontan fallen mir ein: NIRVANA “Nevermind”, PORTISHEAD “Dummy”, THE CURE “Bloodflowers”, EMERSON LAKE & PALMER “Pictures Of An Exhibition”.
? Was möchtest du mit LOST IN DESIRE noch verwirklichen und erreichen und wer hatte eigentlich die gute Idee, das Debütalbum so derart gelungen remixen zu lassen?
Ganz klar, eine ausverkaufte Welttournee mit Headlinerslots auf den größten Rockfestivals! Vielen Dank für das Kompliment, ich bin mir gar nicht sicher, wie die Idee genau entstanden ist, aber ich war immer schon ein Fan von Remixen, weil ich es einfach spannend finde, wie ein und derselbe Song plötzlich so unterschiedlich wirken kann und dadurch plötzlich andere Aspekte in den Vordergrund treten.
? Letzte Frage: Hast du noch „famous last words“ an die Leser des BLACK Magazins?
Peace, Love & Rock ’n‘ Roll!
Foto: Christian Promintzer
(S.Ericksen)
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