Spätestens nach dem Anhören des zweiten Stücks dieses herrlichen Albums konnte ich kaum glauben, wie glücklich ein paar hübsch arrangierte Popsongs mich wider Erwarten noch machen können. Doch unverhofft kommt oft; in diesem Fall in Form melancholischen, aber von hoffnungsvoller Leichtigkeit getragenen Singer-Songwriter-Gitarrenpops mit einschmeichelnder Frauenstimme. Nicht mehr und nicht weniger ist es, was MEMORYHOUSE uns anbieten, und in diesem speziellen Fall ist das völlig ausreichend. Beim Zuhören meint man förmlich, die letzten warmen Strahlen der Sommersonne auf der Haut zu spüren, während bereits die ersten goldgelben Blätter aus den Ästen der Bäume zu Boden trudeln, und bevor man sich´s versieht, ist ein Jahre zurückliegender Urlaub in Südfrankreich wieder präsent. Das aus der Sängerin Denise Nouvion und dem Multiinstrumentalisten Evan Abeele (unter anderem E- und Akustikgitarre, Piano, Bass und Hammondorgel) bestehende Duo zelebriert auf „The Slideshow Effect“ den ultimativen Soundtrack des ausklingenden Sommers.
Herausragendes Highlight ist dabei zunächst das poppige, an die hellere Phase von THE CURE erinnernde „The Kids Were Wrong“, das mit süchtig machender Gitarrenmelodie und Denises verträumtem Gesang von den Schwierigkeiten berichtet, die der Alltag für eine langjährige Liebesbeziehung mit sich bringt. Dabei weiß die Sängerin aber nicht allein durch ihre Stimme, sondern vor allem auch durch die sprachlichen Bilder zu beeindrucken, die sie zur Beschreibung besagter Situation entwirft: „You´re thick-skinned but it seems / You´re hiding in daydreams / Can´t find our way to the light / And when this routine ends / Through nights and weekends / We´ll see daylight through the blinds // Drifting in a cold state / The glowing cracks of old days / Bodies slack and pressed beneath / The hour in your eyes / Fingernails and cold skin / Your parents´ bed we lay in / Arms outstretched to emptiness / The space you´ve left behind“. Was Lyrics und Gesang betrifft, konnte mich ihrerzeit nur Sarah Bettens von K´S CHOICE derart beeindrucken – und das ist immerhin schon eine ganze Weile her! Der hier zitierte Track mit Indie-Hit-Potential ist umgeben von neun weiteren Perlen, deren Wert sich jedoch (im Gegensatz zum genannten Stück) erst nach mehrmaligem Hören entfaltet. Doch das ist eher ein Vor- als ein Nachteil: Auch wenn die übrigen Tracks etwas unauffälliger und getragener daherkommen, überzeugt das Album letztlich ohne Ausrutscher von Anfang bis Ende, oder sollte man sagen, von Anfang Juli bis Ende September? Und wer sich die wohlige Herbstmelancholie den Winter hindurch bewahren möchte, darf bedenkenlos auch noch in einem dunklen Januar zugreifen, der durch die Musik von MEMORYHOUSE ein bisschen Wärme gewinnen wird.
(M.Reitzenstein)
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