Eine Veröffentlichung, die Fragen aufwirft, noch bevor der erste Ton gehört wurde. Einfach mit einem Blick auf das Cover und gemeint ist nicht das Artwork mit seinen verschmelzenden Bilderschichten…
Stuart Dahlquist (ASVA) und Philippe Petit gewichten das fünfteilige “Empires Should Burn“ auf sehr ungewöhnliche Art, mit dem 23minütigen Schwerpunkt “And Empires Will Burn“ (sic!) als Auftakt und seinem Gefolge von “nur noch“ zwischen dreieinhalb und sechseinhalb langen Begleitern, die so etwas wie eine zweite, dann stärker gegliederte Hälfte bilden. Und auch die Platzierung der Gastsänger(in) unterstützt diesen Ansatz: Edward K-Spel übernimmt den Auftakt im 23-Minüter, einmal nicht schamanenhaft beschwörend, sondern fast wie gelassen; ein Historiker, in seine Erinnerungen zurückblickend, mit leiser Stimme wie für sich die Ereignisse rekapitulierend. Das darauf folgende “Sweet Dreams Asshole“ setzt dann einen (fast) instrumental gehaltenen Abstand, bevor Brian Lewis Saunders (“A Vision“) und Jarboe (“The Star Implodes“) ebenfalls zu Wort kommen. “Apocryphatic Ally“ setzt schließlich den wiederum instrumentalen Schlusspunkt. Die letzten vier Stücke haben damit, als Ganzes betrachtet, tatsächlich fast die gleiche instrumental/ vokal Struktur wie das am Anfang stehende Centerstück. Ob Absicht oder intuitiv entstanden, das unbewusst erwartete Ungleichgewicht entsteht nicht, als Gesamtwerk wird “Empires Should Burn“ stattdessen auf subtile Art in sich gespiegelt und strukturell erweitert; perfekt…
“And Empires Will Burn“ baut auf einen sehr räumlich klingenden Kontrast zwischen tendenziell dunklen, aber nicht allzu düsteren Drone-Gespinsten mit Stuart Dahlquists Harmonium als Kern, die mit spinetthaften Bruchstücken überschüttet werden, bevor Edward K-Spel in einer packenden Sequenz seine Sicht der Dinge erläutert; gegen Ende mit einer Wiederkehr der wie auf einer Glasplatte zerspringend klingenden Spinettfragmente des Auftakts. “Sweet Dreams Asshole“ ist möglicherweise der geisterhafteste Beitrag, schon allein durch den Chor der Höllenmönche, der, performed von Stuart Dahlquist, kein Gesang im eigentlichen Sinne ist, sondern fast wie ein zusätzliches Register des Harmoniums die Schichten des gleichzeitig statischen wie sich windenden Grunddrones ergänzt und das Stück so wie ein vordergründig instrumentales erscheinen lässt.
“A Vision“ greift die Geister des Vorgängers auf, setzt neue Zaubersprüche und verstärkt den musikalischen Kontrast durch ein fast schon nervöses Piano, das immer mehr den Ausbruch aus dem Stück zu wagen scheint. “The Star Implodes“ zeigt dann eine Jarboe, die zunächst wie das weibliche Pendant zum Spoken-Word Beitrag von Edward K-Spel auftritt, bevor sie einen stark bearbeiteten “instrumentalen Gesang“ beginnt; tief eingewoben in die ganz zurückhaltend taktierten Drones hinter ihr. Und auch “Apocryphatic Ally“ setzt auf die Faszination derartiger Gegensätze: zunächst fast ganz ein verwehter, korrodierter Drone, erscheinen bald Sprengsel konkreter Instrumente, die kleine Ankerpunkte zu einer wie auch immer gearteten Wirklichkeit aufbauen.
Trotz der ungewöhnlichen Schwerpunktbildung und der unterschiedlichen Gäste ein absolut homogenes Album, nicht zuletzt weil die beiden Hauptprotagonisten eine sichere Hand für eine durchgehende Soundästhetik besitzen – mit dem immer noch in diesen Kontexten ungewöhnlichen Harmonium als einem der zentralen Instrumente. Atmosphärisch auf der dunkleren Seite, aber so wie ein mit wenigen Kerzen beleuchtetes Gewölbe, nicht wie ein tiefes schwarzes Loch. Und mit einer Mischung akustischer, elektrischer und elektronischer Instrumente. Und das ohne auch nur einen der möglichen, unterschiedlichen Charaktere dieser Instrumente besonders zu betonen. Sehr empfohlen. Nebenbei: ASVA ist nur diesmal nur Stuart Dahlquist (aber das ist in Bezug auf ASVA ja nicht unbedingt neu…).
(N)
Format: CD/LP |
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