Dieser gewaltige, beinahe monolithische 50-Minuten-Berg von sphärischer Musik ließ mich lange Zeit aufgrund seiner Einzigartigkeit sprachlos zurück. Zwar frönen LORRAINE RATH und JESSICA WAY gemeinsam mit dem AGALLOCH-Drummer AESOP DEKKER der melancholischen, herbstlich-düsteren Langsamkeit, wie man sie auch auf anderen Doom Metal-Alben hört, allerdings verbinden sie diese Schwermut mit dem glasklaren Gesang, der aus den Kehlen der beiden Frauen tönt. Passend dazu bleibt auch die Musik meistens zurückhaltend, wechselt fließend zwischen leise und laut und schlägt nie über die Stränge. Die erste verzerrte Gitarre hört man übrigens erst nach knapp zwanzig Minuten Hörgenuss.
Ziemlich nahe kommt man dem Sound von „Come The Thaw“, wenn man sich vorstellt, wie es klingen würde, wenn KATE BUSH gemeinsam mit SUNN O))), denen sämtliche Overdrive-Pedale kaputt gegangen sind, eine Jamsession abgehalten hätte. Oder als würde das Goldkelchen ENYA sich auf einmal mit BURZUM zusammen tun, um Musik zu komponieren. Spätestens jetzt sollte klar sein, dass man sich ein konventionelles Hörerlebnis mit „Come The Thaw“ eindeutig abschminken kann. Gewöhnliche Songstrukturen findet man schwerlich – das ist aber auch egal, denn WORM OUROBOROS klingen gerade dann am besten, wenn sie am ungewöhnlichsten sind. So ist das, mit knapp zehn Minuten längste Stück „When We Are Gold“ das Highlight des Albums. Vor allem das überraschend zurückhaltende, songdienliche Spiel von DEKKER überzeugt, der auf besagtem Track sein Instrument anfangs sogar lediglich mit Jazzbesen bedient.
Am meisten Eindruck hinterlässt „Come The Thaw“ wohl im Dunkeln, alleine und im stillen Kämmerlein mit Kopfhörern genossen. Dann erst entfalten sich die Zwischentöne, die einzigartigen Stimmungen und wunderbaren musikalischen Ideen. Doch Vorsicht: euer Herzschlag könnte sich den langsamen Rhythmen irgendwann anpassen!
(Fabian Broicher)
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