SMASHING PUMPKINS – Oceania (CD)

“Billy Corgan – macht der immer noch Musik?“, fragte eine Kollegin, als ich vorschlug, das neue Album der SMASHING PUMPKINS zu rezensieren. Die Antwort ist, ja, es gibt ihn noch, und auch wenn außer Billy von der alten Truppe aus den 90ern schon längst niemand mehr dabei ist, existiert noch (oder besser: wieder) eine Band dieses Namens.

Die gab es auch 2007, wiederum in anderer Besetzung, und produzierte ein Album namens “Zeitgeist“, das sich an allem orientierte, wovon Billy Corgan dachte, seine Fans aus den Neunzigern wollten es genauso hören wie früher. Das Problem war nur, dass er das nicht mehr so gut hinbekommen hat. “Zeitgeist“ besaß alles, was “Siamese Dream“ und “Mellon Collie and the Infinite Sadness“ ausmachte; wirklich alles, bis auf Seele und Leben. Mag sein, dass der Bandleader selbst die Lust an der Reproduktion des ewig Gleichen verloren hatte – und die Hörer anscheinend auch; im Rahmen der Deutschlandtournee zu “Zeitgeist“ wurden direkt einige Konzerte aus Mangel an Interesse abgesagt. Es braucht schon ein Genie wie Corgan, um eine der angesagtesten Rockbands der Neunziger im Folgejahrzehnt so gründlich gegen die Wand zu fahren… Da fragte man sich als ehemals glühender Verehrer der Band in Jugendjahren: Sind die PUMPKINS noch zu retten?

Sind sie, und “Oceania“ könnte bald als Beweis gelten. Natürlich erfindet Billy Corgan auch hier nicht den Indie-Rock neu, aber die peinliche, seelenlose Selbstkopie unterbleibt dann doch dankenswerterweise. Der Opener erinnert noch am stärksten an die SMASHING PUMPKINS, die wir in den Neunzigern kennen und lieben lernten und über die Barts Schwester Lisa in einer Folge der “Simpsons“ sagen durfte: “Teenager melancholisch machen, ist wie Goldfische aus dem Glas angeln.“ Auf den übrigen Stücken des Albums fühlt Billy Corgan sich dann zur Abwechslung frei, zu tun, was ihm beliebt (statt den Fans vorzugaukeln, es könne ein “Siamese Dream II“ geben): Vom großen, an die “Adore“-Platte erinnernden Popsong (“My Love Is Winter“) über seinerzeit im “Alternative“ so verachtete Solo-Gitarrenexzesse darf jetzt einfach alles vorkommen. Das Wichtigste ist aber: Die aktuelle Ausgabe der SMASHING PUMPKINS macht ihr eigenes Ding, ohne sich allzu sehr um alte Erfolge, an die sie hier gar nicht erst anzuknüpfen versuchen, zu scheren. Die Songs tragen endlich wieder – denn das hat, was auf “Zeitgeist“ fehlte: Seele. Zwar ist “Oceania“ bestimmt noch nicht die Rettung, aber auf jeden Fall ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Also ja, doch, Billy Corgan macht immer noch Musik, und wenn die so klingt wie auf “Oceania“, verdient er deswegen zwar nicht gleich die Auszeichnung als “bester Songwriter seiner Generation“, für den er sich laut einer typisch selbstbewussten Interview-Aussage hält, zumindest aber verdient er noch eine Chance. Nur noch eine! Immerhin war´s damals doch echt schön, mit den PUMPKINS ein melancholischer Teenager zu sein…

(M.Reitzenstein)

Format: CD
Vertrieb: MARTHA´S MUSIC
 

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