Hatte ich gerade mit einem alten Freund auf einer Autofahrt die Diskussion, dass Roger alias RUMMELSNUFF nie den ganz großen Erfolg haben wird, da er viel zu menschlich ist, titelt die BILD-Zeitung einen Tag später: „Muskelprotz ist Berlins neuer Popstar“! Wahrscheinlich können sich viele verschiedene Leute in den (Arbeiter-)Texten mitten aus dem Leben wiederfinden und eventuell ist dies ja auch das Indiz für den Erfolg quer durch alle Bevölkerungsschichten. So langsam aber sicher werden wir uns dann also doch mit der immer größer werdenden Popularität unseres Käpt’n anfreunden müssen und sein inzwischen schon drittes Album namens „Himmelfahrt“ ist ein weiterer Baustein auf diesem Weg. Ganze 14 neue derbe Gassenhauer sind darauf zu finden und auch wenn mit insgesamt 4 und einer halben Coverversion der Anteil von fremden Liedgut etwas sehr hoch liegt, ist es wohl sein bisher abwechslungsreichstes sowie eingängistes Werk. Los geht es gleich mit dem zwingenden Hit „Der Schrauber“, welcher allen unermüdlichen Automechanikern ein verdientes Denkmal setzt. Auch der folgende Doom-Shanty „Trägt die Woge dein Boot“ bekommt man nach einigen Durchläufen nicht mehr aus dem Kopf und dürfte ein Ablösekandidat für die alte RUMMELSNUFF-Hymne „Halt durch!“ werden. Bei „Der Türsteher“ würdigt er sich und seine berühmten Kollegen vom Berghain selbst und den köstlichen Comic-Text sollte man gehört haben – einfach herrlich unser Mann aus Berlin! Der Titel-Song, „Derbe Strommusik“ und „In der Schweiz“ schlagen in die gleiche Kerbe und die Cover von „Azurro“, „Daddy Cool“, „Seemann“ und „Das ist die Liebe der Matrosen“ passen wie Arsch auf Eimer. Insbesondere die abgespeckte stromlose Interpretation von RAMMSTEIN’s „Seemann“ entlockt dem Song ganz neue Facetten, aber die ganz große Überraschung ist der tragische Hymnen-Knarz-Ambient-Track „Amundsen“, den man so RUMMELSNUFF sicher nicht zugetraut hat. Es sind auch die kleinen Einlagen und Zwischentöne, wie der Solo-Tenor von Christian Asbach in „Azurro“ oder das Schmachten von Valerie Renay (NOBLESSE OBLIGE) bei „Daddy Cool“, die diesmal das Kraut sprichwörtlich richtig fett machen. Neben den alten Weggefährten Blitz (FREUNDE DER ITALIENISCHEN OPER, KALTFRONT) und Rajko (THINK ABOUT MUTATION, KNORKATOR) gibt es diesmal noch Kollaborationen mit Bernd Butz (Akkordeon) und KING KHAN (Gitarre), welche alle zum prächtigen Gelingen der deftigen „Himmelfahrt“ beitragen. Die Palette der musikalischen Instrumentierung reicht dabei (neben der typisch hämmernden Strommusik im Sinne der EBM) vom Schifferklavier, über Blasmusik bis hin zum Rockabilly. Man darf gespannt sein, wohin die Reise den Käpt’n noch führt und für alle damals zu spät Gekommenen gibt es jetzt übrigens auch wieder das Debüt-Album „Halt durch!“ in einer Neu-Auflage mit 5 Bonus-Tracks käuflich zu erwerben. (Marco Fiebag)
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