Man könnte es sich ganz einfach machen und sagen Postrock-Klappe, die so und so vielte und fertig ist eine Rezi. Tatsächlich ist die Schwemme an langweiligen Instrumentalrock-Alben seit Jahren groß – das Epigonentum im Schatten der Klassiker GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR, MOGWAI oder EXPLOSIONS IN THE SKY riesig. Da in diesem Musikstil gewisse Trademarks wie laut leise, episch bis progressiv oder Monotonie bis zum Abwinken auf hunderten Releases durchexerziert wurden und somit Überraschungsreleases Mangelware geworden sind, ist es wie immer die Ausnahme von der Regel, die einen Rezensenten frohlocken lassen kann.
Die Schweden PG.LOST sind dem oben genannten Schemata seit Jahren verfallen und gehen mit “Key“ in die dritte Runde. Schaffte man bereits auf den Vorgängern, sich eindeutig von zweitklassigen Nachahmern abzugrenzen, so gelingt es den Schweden im eng gesteckten Rahmen alles bis zur positiven Schmerzgrenze auszuloten. Man versteht mit viel Liebe zum Detail, Bombastelemente mit walzender Monotonie zu kreuzen – wundersam schwebende Parts treffen auf intensiv aufwallende noisig-sphärische Versatzstücke. Als kleines Sahnehäubchen wird dann gelegentlich wie im Opener „Spirits Stampede“ falsettartiger Gesang als ein weiteres Instrument addiert, was eventuelle Gesangsoptionen für die Zukunft erhoffen lässt. Im weiteren Verlauf glänzen PG.LOST mit dem herausragenden Brecher “Terrain“, der unnachahmlich zu rocken versteht. Zwischendurch kurz doomlastig das Tempo rausgenommen, tribalartiges Drumming, schwebende Synthies, dann wieder diese Steigerung über einfach nur wunderschöne perlende Gitarrenmotive sich türmend zum Hauptriff, was auch Freunde der härteren Gangart begeistern könnte. Dies ist sowieso das Plus der Schweden, schafft man es doch, phasenweise aus der üblichen elegischen Gangart auszubrechen und richtig kraftvoll heavy noisig zu rocken. Da ist wohl mal ein Liveerlebnis Pflicht. Die kosmischen Melodien bzw. der Keyboardsound erinnern mich oft an die genialen GOD IS AN ASTRONAUT, nur während die sich gern in synthielastigerem Kontext in weiten Sphären verlieren, wird man hier immer wieder durch die erdigere, gitarrenlastigere Herangehensweise auf den Boden zurückgeholt.
Generell bleibt zu sagen, dass es PG.LOST in jedem Song verstehen, griffige Melodien zu monotonen Brechern auszuwalzen. Wird wall of sound auch als solcher verstanden, verfügt diese Platte über viele hypnotisch, stampfende Heavyparts, die mich auch oft im positiven Sinn an die Schweizer LEECH erinnern, die es bis dato auch so hervorragend schafften, dem Post Rock neue karftvollere Attribute abzuringen. Wenn laut, dann wird hier durch druckvolle Produktion auch fett gerockt und wenn leise, dann auf sehr detaillierte einschmeichelnde Art, das kein Auge trocken bleibt. Es ist zu hoffen, dass die oben genannten Falsett-Parts bzw. chorartigen Hintergrundsounds eine Erweiterung im zukünftigen Bandsound finden, da dies der Band sicher gut zu Gesicht stehen würde. In jedem Falle ein Highlight im totgeglaubten Postrock-Genre 2012.
(R.Bärs)
Format: CD/2LP |
Stichworte: |