Nach den WHITE STRIPES, THE DEAD WEATHER und THE RACONTEURS ist JACK WHITE nun im Alleingang unterwegs, um mit “Blunderbuss“ sein Solo-Debüt vorzulegen. Darauf dürften sich vermutlich nicht nur hartgesottene Fans der genannten Bands freuen, sondern Rock- und Indie-Fans jeglicher Couleur. Ein paar aufgeschlossene Blues-Freaks freuen sich vielleicht mit. Wie auch immer: Die musikalische Sturm- und Drang-Phase der WHITE STRIPES lässt JACK WHITE mit “Blunderbuss” nun jedenfalls endgültig hinter sich. Lediglich “Sixteen Salteens“, das zweite Stück des Albums, gemahnt noch an die wütend-rotweißgestreifte Vergangenheit, die mindestens genauso viel vom Punk der frühen STOOGES wie vom “klassischen“ amerikanischen Rock geprägt war. Der Rest des Solo-Debüts erinnert eigentlich mehr an LENNY KRAVITZ als an IGGY POP. Wer hätte das gedacht? Bis auf den geschniegelten Look scheint JACK WHITE plötzlich alles im Gepäck zu haben, was es zum musikalischen Double des aalglatten Retro-Rockers braucht: Schweineorgel, E-Piano, Blues- und Funk-Anleihen, hohe, nasale Gesangsstimme und natürlich die obligatorische Lässigkeit. Ein älterer Kumpel, der die Platte zufällig bei mir hörte, meinte: „Die find ich aber echt gut, das ist endlich mal richtige Musik!“ Ja Mann, vermutlich besonders, wenn man über fünfzig ist und die Originale, die JACK WHITE immer als Vorbild dienen, noch live erleben konnte… Nein, das wird kein Verriss – der wäre absolut ungerechtfertigt. Dass JACK WHITE einer der genialsten Musiker seiner (und nicht der Ü50-)Generation ist, beweist er mit jeder Nummer von “Blunderbuss“ aufs Neue, und sogar jedesmal auf andere Art! Denn die dreizehn Stücke sind trotz aller Zitier-Wut paradoxerweise von JACKs unverwechselbarem, markantem Stil durchdrungen, den ihm niemand so schnell nachmachen wird, wie JACK WHITE die eigenen Idole nachmacht. Kann man gleichzeitig Retro und eine Liga für sich sein? Seit ich “Blunderbuss“ kenne, würde ich JACK WHITE zutrauen, gleich ganze Kamel-Herden durchs sprichwörtliche Nadelöhr zu treiben oder mal eben zwischen zwei Shows die Quadratur des Kreises zu bewerkstelligen (immerhin ist er ja auch Besitzer eines Tesla-Trafos). Oder er macht einfach weiterhin das, was er am besten kann: gute Musik. Richtige Musik, wie mein blueskundiger älterer Kumpel zufrieden konstatierte. Und wenn JACK WHITEs Songs im Jahr 2012 dank offenbar weitgehend verrauchter postadoleszenter Wut manchmal ein bisschen nach LENNY KRAVITZ klingen, soll mir das recht sein.
(M.Reitzenstein)
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