Fast kommt es einem vor, als wenn schon wieder Herbst wäre, ohne dass die Blätter von den Bäumen fallen. Zumindest wenn man die zweite Platte von LES DISCRETS hört, die Mastermind und Kreativmusiker Fursy Teyssier mit seinen Mitstreitern Paul Verlaine und Claude Debussy aufgenommen hat. Das französische Trio hat nach dem Debüt „Septembre et Ses Dernieres Pensees“ (2010) wieder ein Meisterwerk epochaler Schönheit geschaffen, das übersetzt in etwa „Vergessene Lieder“ heißt.
Die Klänge tendieren wie auf dem grandiosen Debüt wieder in Richtung Alternative Postrock, gepaart mit Shoegaze-Elementen sowie einigen progressiven Metal-Einflüssen. Die Musik und die Kompositionen würde ich als hymnisch, romantisch und melancholisch einstufen, da immer in einem gewissen Slow Level instrumentiert wird, zudem werden die Stimmen eher sanft eingesetzt. Das beginnt schon beim folkloristischen Instrumental-Einsteiger „Linceul d’hiver“ und setzt sich bei „La Traversée“ fort. Deshalb zitiere ich hier auch einmal die Vorstellungen von Bandleader Fursy, „dass er ein Album im Kopf hatte, das traurig, aber auch warm und gleichzeitig minimalistisch klingen sollte“. Im Übrigen ist der Frontman von LES DISCRETS keinesfalls negativ eingestellt oder gar depressiv, sondern ab und zu eher nostalgisch oder sentimental und genau diese Gefühle passen natürlich optimal zu seinen Metal-Shoegaze-Klängen. So auch im Track “Le Mouvement perpétuel „, der anmutig und neofolkig beginnt, mit düsteren Gesang ausgestattet wird, um mit schweren Metalriffs fast abzuheben. Dagegen ist „Ariettes oubliées“ ein reines Kleinod mit anfänglich, folkiger Lagerfeuerromantik, das sich aber mit einer traumhaften Instrumentierung permanent steigert und in höhere Sphären abdriftet. Die Magie und Intensität der Stücke beeindruckt schon, vor allem die immer wieder eingestreuten ruhigen Passagen lassen den geneigten Hörer in imaginäre Traumlandschaften abtauchen, um anschließend wieder den kraftvoll einsetzenden Gitarrensounds zu lauschen.
Das Ätherische der Tracks, das durch die Gitarrenarbeit und Synthiearrangements erzielt wird, prägt die tiefen und weiten Sounds von LES DISCRETS und macht das Projekt in dieser Form einzigartig. Bei „La Nuite muette“ wiederum erkennt man zum Einstieg fast einen treibenden Wavesong und bei „Apres l´ Ombre“ wird sehr elegisch mit klirrenden Slidegitarren gearbeitet, genauso fantastisch wie beim zeitlos, instrumentalen Endtrack „Les Regrets“.
Wer also auf Gruppen wie ALCEST, ANATHEMA steht, ist hier genau richtig. Mit LES DISCRETS hat das Prophecy Label wieder ein absolutes Highlight an Bord. Angemerkt sei noch, dass diese Scheibe nicht ganz so eingängig wie das Debüt ist. Man sollte sich also Zeit nehmen, um den Klangkosmos von LES DISCRETS für sich zu entdecken.
(S.Ericksen)
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