Was hat die Schweizer Musikszene außer YELLO und DJ BOBO international gesehen schon zu bieten (von Stefanie Heinzmann und Sophie Hunger für den deutschsprachigen Raum mal abgesehen)? Eigentlich nicht viel, aber wenn man dann doch mal genauer nachdenkt, fallen einen auf jeden Fall noch die legendären YOUNG GODS ein und zu den Zeiten der Neuen Deutschen Welle waren zumindest GRAUZONE und MITTAGEISEN auf jeden Fall vorne mit dabei. Sonst dringt aber musikalisch wenig aus dem neutralen Land mit dem lukrativen Bankensystem nach außen und ob sich das jetzt mit EVELINN TROUBLE ändern wird, wage ich leider zu bezweifeln. Zu wütend dürfte dazu der künstlerische Ausdruck der ehemaligen Background-Sängerin von Sophie Hunger und zu radikal-lärmig die zornige Instrumentierung aus wuchtig angeschlagenen Bass, fiebrigen Gitarren und scheppernden Schlagzeug bzw. brummenden Drumcomputer und Analog-Keyboards für die Allgemeinheit sein. War das erste Album „Arbitrary Act“ noch typischer zarter Singer/Songwriter-Pop, kommt „Television Religion“ nun wie ein Dum-Dum-Geschoss daher. Stimmlich erinnert mich Linnea Racine alias EVELINN TROUBLE dabei an eine wild gewordene PJ Harvey oder Anna Calvi auf diversen Pharmazeutika, die ihrer Wut nur allzu hörbar Luft macht. Selbst politisch positioniert sich EVELINN TROUBLE äußerst unangenehm in ihrer Heimat, denn der Song „Warface“ war der offizielle Titel der innerschweizer Kampagne gegen den Kriegsmaterial-Export, da die Schweiz (neben Deutschland) europaweit führend auf diesem Gebiet sind. Das Mädel ist nun mal eben unangepasst und sorgt (wie schon der Name sagt) für mächtig viel Ärger. Wollen wir also hoffen, dass das Album ebenso nachhallen wird, denn das Potential dazu hat es auf jeden Fall. (Marco Fiebag)
Format: CD |
Stichworte: |