Opus Magnum der besonderen Art: Zunächst noch ganz unschuldig, eine Doppel-CD im Pappgatefold mit zwei (ebenso?) unschuldigen (aber wohl vor allem neugierigen) Kindern auf dem Cover (das catchy Artwork stammt wieder von Matt Smith, der auch schon die Coverbildergeschichte auf Nadjas „When I See The Sun Always Shines On TV“, 2009 auf Consoulingsounds erschienen, gestaltet hatte). Und so ungläubig, wie die Kinder auf dem Cover den Dingen im Kopfhörer folgen, so folgen die Hörer auch in der Wirklichkeit.
Denn Aidan Baker hatte für dieses Release 18 Schlagzeuger um Mitarbeit gebeten, die Drumparts mit Gitarre und Bass ergänzt und dann ist es etwas länger geworden. Dank Download-Code (kommt mit der CD) sind weitere sechs Stunden Musik (teilweise remixbar!) frei herunterzuladen. Die Auswahl für diese Veröffentlichung war vermutlich nicht leicht. Im Ergebnis ist es (konsequenterweise) so etwas geworden wie „Guitar“ von Frank Zappa, der Platte, auf der in Form harter Cut-Ups nur die Songparts mit den Gitarrensoli aus verschiedenen Live-Aufnahmen versammelt sind. Ohne davor oder dahinter. „The Spectrum Of Distraction“ hat viel von dieser Stimmung, natürlich nicht in musikalischer Hinsicht, aber konzeptuell. Sogar noch extremer, eigentlich: 53(!!!) Tracks auf CD1, noch 45(!!!) auf CD2, manche nur ein paar Sekunden lang, die Beiträge der einzelnen Drummer mal im personellen Zusammenhang, aber auch immer wieder voneinander abgesetzt. Der Aidan Baker Trademark-Sound bekannter Solowerke bleibt überraschenderweise weitgehend außen vor. Distortion-Riffing rules, allein im Hintergrund lassen sich Soundscapes orten (ok, „Invaders From Within, Part 2“ ist meinetwegen eine Ausnahme, das ist dann doch einmal fast nur Soundscape). Das Ganze bekommt dadurch (und besonders auch durch die Art der Rhythmik) eine Art Prog-Feeling, eher ungewohnt für Arbeiten aus dem Hause Baker. Und, das sei nicht verschwiegen, ein paar wenige Versatzstücke auch so ein wenig Muckerstimmung, zumindest als Gefahr am Horizont. Und wieder einmal ist es den glücklichen Händen Aidan Bakers zu verdanken, dass auch diese drohenden Strudel der Ungenießbarkeit sicher umschifft werden.
Durch die im Zusammenhang gesetzten Parts (gleicher Drummer, gleicher Titelname) entsteht (bzw. entstand zumindest bei mir) das Gefühl, die Tracks seien in dieser Reihenfolge gedacht. Erst später ergibt sich die Erkenntnis (und Aidan Baker schreibt es selbst im Netz), dass „The Spectrum Of Distraction“ auch gerade für Random-Play gedacht ist. Eigentlich ist dieses Random-Play mit Blick auf Albumzusammenhänge (wo es die denn gibt) ein verabscheuungwürdiges Unding, da Alben ja im besten Fall vom Künstler in genau der vorgelegten Reihenfolge für richtig befunden wurden und das Tool ist sowieso eher als Technik-Abfall-Gimmick entstanden. Hier macht es aber ebenso Sinn wie Spaß, gerade weil die einzelnen Parts so kurz sind. Dass deren Geschwindigkeiten zueinander passen, brauche ich dann ja auch nicht mehr zu betonen. Ein wirklich andere Veröffentlichung von Aidan Baker, die auch definitiv anders gehört werden will/ kann/ muss, als seine anderen Sachen.
PS: die Drummer (alphabetisch): Aidan Baker (als einziger Drum Machine; übrigens), Richard Baker, Victor Cirone, Andrew Crawshaw, Alessandro Curvaia, Bruno Dorella, David Dunnett, Thor Harris, Steven Hess, Kevin Micka, Mac McNeilly, Ted Parsons, Phil Petrocelli, Simon Scott, Geoff Summers, Jakob Thiesen, Brandon Valdivia, H. Walker.
(N)
Format: 2CD |
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